Wirtstöchterlein von Rudolf Baumbach

Und wärst du, Traute, ein Engelein
Und hättest Flügel bekommen
Und trügst ums Haupt einen Heiligenschein.
Dann ginge ich unter die Frommen,
Dann läs' ich täglich mein Brevier
Bei Orgel und Glockengebimmel,
Auf daß Sankt Peter mich zu dir
Einließe in den Himmel.
 
Und wärst du, Traute, ein Teufelein
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Mit Hörnchen unter den Haaren,
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Dem Bösen verschrieb ich die Seele mein
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Und tät' in die Hölle fahren.
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Dann glitten wir über den Feuersee
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Im sänftlich schaukelnden Kahne
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Und tränken duftigen Schwefeltee
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Mit des Teufels würdiger Ahne.
 
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Du bist kein Engel im Glorienschein.
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Du bist keine Teufelinne,
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Du hast als Evas Töchterlein
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Die glückliche Mitte inne.
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Zur Hölle nicht, noch himmelwärts
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Ich meine Schritte lenke;
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Der Wirtin Kind besitzt mein Herz,
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Mein Weg geht nach der Schenke.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Wirtstöchterlein“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
126
Entstehungsjahr
1840 - 1905
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wirtstöchterlein“ wurde von Rudolf Baumbach verfasst, der im späten 19. Jahrhundert lebte und arbeitete. Baumbach war ein Vertreter des literarischen Realismus und ist bekannt für seine Heimat- und Wanderlieder.

Auf den ersten Blick fällt die Ironie und Heiterkeit auf, die das Gedicht charakterisiert. Es handelt sich um eine Hommage an die Liebe und an die Begierde, die das lyrische Ich für eine Wirtstochter empfindet.

Inhaltlich stellt das Gedicht das extreme Wünschen des lyrischen Ichs dar, bei der Geliebten, der Wirtstochter, zu sein. In den ersten beiden Strophen schildert er auf humorvolle Weise, wie er bereit wäre, sowohl ein frommes Leben zu führen als auch seine Seele dem Teufel zu verschenken, nur um bei ihr zu sein. In der letzten Strophe wird dann offenbart, dass die Geliebte eben kein Engel, aber auch keine Teufelin ist - sie ist ein ganz normales Mädchen, das „Evas Töchterlein“, und genau deswegen liebt er sie.

Das Gedicht ist in einer sehr simplen und volksliedhaften Weise verfasst. Es folgt einer klaren, regelmäßigen Versstruktur und einem gleichbleibenden Reimschema (aabb). Die Sprache ist sehr bildlich, mit Anspielungen auf religiöse und teuflische Bilder, was zu der humorvollen und ironischen Darstellung beiträgt. Trotz der bildlichen Sprache ist das Gedicht jedoch in einer einfachen, verständlichen Sprache gehalten, was typisch für Baumbachs Dichtung ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Wirtstöchterlein“ ein humoriges Liebesgedicht ist, das die extremen Längen zeigt, die das lyrische Ich bereit wäre zu gehen, um bei seiner Geliebten zu sein. Es zeigt die Leidenschaft und Hingabe der romantischen Liebe, aber auch deren Alltäglichkeit und Normalität, und stellt letztere als ebenso erstrebenswert dar.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Wirtstöchterlein“ des Autors Rudolf Baumbach. Der Autor Rudolf Baumbach wurde 1840 in Kranichfeld (Thüringen) geboren. Im Zeitraum zwischen 1856 und 1905 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 126 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rudolf Baumbach sind „Liebchen“, „Tempora mutantur“ und „Die Wasserrose“. Zum Autor des Gedichtes „Wirtstöchterlein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 14 Gedichte veröffentlicht.

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