Kahnfahrt von Friedrich Theodor Vischer

Es sinkt der Tag; still wird es weit und breit.
Auf flüsternder, auf kühler Wasserbahn
Trägt leis' zwei Menschen hin ein leichter Kahn,
Zwei stille Menschen; still vor Seligkeit.
 
Der Mann ergreift des Weibes zarte Hand
Und spricht, indem er nah zu ihr sich bückt,
Der Stimme Zittern mühsam unterdrückt,
Mühsam die Thräne, die im Aug' ihm stand:
 
"O möge keines von uns zweien doch
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Je wiedersehn dies Land und diesen See,
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Das Herz zerrissen von der Trennung Weh!"
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Schon war es Nacht. Wir schwiegen. Weißt du's noch?
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Kahnfahrt“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
88
Entstehungsjahr
1807 - 1887
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kahnfahrt“, verfasst von Friedrich Theodor Vischer, einem deutschen Schriftsteller, Philosophen und Kritiker des 19. Jahrhunderts, vermittelt auf den ersten Blick eine ruhige und romantische Atmosphäre.

Zu Beginn des Gedichtes schildert das lyrische Ich eine friedliche Szene eines Paares, das eine Kahnfahrt auf einem stillen See bei Sonnenuntergang unternimmt. Es wird die Stille, sowie der Frieden und die Zufriedenheit, die dieses Paar empfindet, betont.

Im weiteren Verlauf kommt die schmerzliche Trennungssituation zum Vorschein. Der Ausdruck der Liebe wird durch das innige Zwiegespräch der beiden Liebenden offenbart, was in Vers 9 explizit wird. Der Mann offenbart hier seine Angst vor der bevorstehenden Trennung und wünscht sich, dass keiner von ihnen je wieder diesen Ort, der voller liebevoller Erinnerungen ist, aufsucht, da es viel Leid hervorrufen würde.

Das lyrische Ich stellt abschließend die Frage „Weißt du's noch?“, was ein Anzeichen dafür ist, dass die Geschichte in der Vergangenheit liegt und das lyrische Ich sich in Wehmut erinnert.

In Bezug auf die Form folgt das Gedicht einer strengen vierzeiligen Strophenform mit einem Kreuzreim. Die klare und verständliche Sprache trägt zur Bildhaftigkeit des Inhaltes bei und ermöglicht es dem Leser sich gut in die dargestellte Situation hineinzuversetzen. Es zeichnet sich durch eine ruhige, entschleunigte Erzählweise aus, die sich auch in langen und ausgeschmückten Satzstrukturen spiegelt.

Vischer verwendet viele poetische Mittel, die das Erleben des lyrischen Ich intensivieren. So werden durch den Gebrauch von Metaphern (z.B. „flüsternder Wasserbahn“, „zarte Hand“) und Personifikationen (z.B. „Der Tag sinkt“) die Ereignisse und Empfindungen anschaulich und lebendig dargestellt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Gottfried Theodor Vischer in seinem Gedicht „Kahnfahrt“ auf eindrucksvolle Weise die romantische Liebesbeziehung eines Paares darstellt, die durch eine anstehende Trennung geprägt ist. Trotz der eher traurig anmutenden Thematik gelingt es ihm, dem Gedicht durch die detaillierte Beschreibung der Natur und die berührenden Worte der beiden Protagonisten, eine gewisse Schönheit zu verleihen. Das Gedicht kann als eine Hommage an die vergängliche, aber dennoch starke Liebe gesehen werden.

Weitere Informationen

Friedrich Theodor Vischer ist der Autor des Gedichtes „Kahnfahrt“. Im Jahr 1807 wurde Vischer in Ludwigsburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1823 bis 1887 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus oder Naturalismus zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 88 Worte. Weitere Werke des Dichters Friedrich Theodor Vischer sind „Bald“, „Nur Traum“ und „Zu spät“. Zum Autor des Gedichtes „Kahnfahrt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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