Märchen von Friedrich Rückert

Ich weiß ein schönes Märchen.
Es war ein schönes Pärchen,
Hieß Hänselchen und Klärchen,
Die pflückten Blum' und Ährchen,
Und aßen reife Beerchen.
Das Klärchen hatt' ein Härchen,
Das Hänselchen ein Scherchen;
Das war ein goldnes Härchen,
Und das ein silbern Scherchen.
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Das Hänselchen nahm Klärchen,
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Schnitt mit dem Silberscherchen
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Ihr das goldne Härchen;
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Da ging das goldne Härchen
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Entzwei am Silberscherchen;
 
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Da ging das Silberscherchen
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Entzwei am goldnen Härchen.
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Da weinte laut das Klärchen
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Um ihr verlornes Härchen,
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Und Hänschen mit dem Klärchen
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Um ihr verlornes Härchen,
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Und Hänschen mit dem Klärchen
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Um sein zerbrochnes Scherchen;
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Laut weinte das Pärchen
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Umd Härchen und Scherchen;
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Gar viele, viele Zährchen.
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Laut weinten Blum' und Ährchen
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Und alle reifen Beerchen,
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Zusammen mit dem Pärchen
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Um Härchen und Scherchen.
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Da saß im Busch ein Stärchen,
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Das sah die vielen Zährchen,
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Da sprach das kluge Stärchen:
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Was weint ihr denn, ihr Närrchen?
34 
Das Härchen und das Scherchen,
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Die Zährchen und die Ährchen,
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Die Beerchen und die Pärchen,
37 
Und ich dazu, das Stärchen,
38 
Sind alle nur ein Märchen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Märchen“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
38
Anzahl Wörter
173
Entstehungsjahr
1788 - 1866
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Friedrich Rückert, einem deutschen Dichter, der von 1788 bis 1866 lebte. Insbesondere der romantische Stil und simplen Strophenstrukturen sind typische Merkmale seiner Epoche.

Der erste Eindruck des Gedichtes ist recht schön und märchenhaft, mit einer Fülle von detaillierten Bildern, die an Kindheitserinnerungen an Märchen und Kindergeschichten erinnern.

Der Inhalt des Gedichts ist ziemlich recht einfach. Es erzählt die Geschichte von einem Jungen und einem Mädchen, Hänselchen und Klärchen, die in der Natur spielen, Blumen pflücken und Beeren essen. Während ihres Spiels schneidet Hänselchen mit seiner silbernen Schere ein goldenes Haar von Klärchens Kopf, welches bricht. Daraufhin bricht auch die Silberschere. Beide Kinder weinen über den Verlust und ihre Traurigkeit ist so groß, dass sogar die Natur, die Blumen, Ähren und Beeren, mit ihnen weint. Ein Vogel beobachtet die Szene und spricht schließlich in der letzten Strophe das lyrische Ich an und betont, dass alles nur Teil eines Märchens ist.

In Bezug auf die Aussage des lyrischen Ichs könnte interpretiert werden, dass das Gedicht auf die Unvermeidlichkeit des Verlustes hinweist und darauf, dass selbst die kleinsten Dinge eine große Bedeutung haben können. Auch die letzte Zeile des Gedichts, in der der Vogel darauf hinweist, dass alles Teil eines Märchens ist, könnte als eine Erinnerung daran dienen, dass das Leben trotz aller Tragiken weitergeht und dass wir uns dennoch an den schönen Momenten und Erinnerungen erfreuen können.

Das Gedicht folgt einem gleichbleibenden Reimschema von abab, was dem Gedicht einen leichten und rhythmischen Fluss verleiht. Die Sprache ist sehr bildhaft und nutzt eine Fülle von Naturbildern, was die Weise in der Rückert die Szenen darstellt, sehr farbig und lebendig macht. Es gibt auch eine Wiederholung von Nomen und Verben, was dem Gedicht einen repetitiven und zugleich musicalischen Ton verleiht. Es endet mit einer überraschenden Wendung, die die bisherige Erzählung in Frage stellt und eine tiefere Bedeutung hinter den Geschehnissen offenbart.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Märchen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Friedrich Rückert. 1788 wurde Rückert in Schweinfurt geboren. Zwischen den Jahren 1804 und 1866 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 173 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 38 Versen. Weitere Werke des Dichters Friedrich Rückert sind „31. Makame des Hariri“, „Amaryllis“ und „Blumen aufs Grab“. Zum Autor des Gedichtes „Märchen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 102 Gedichte vor.

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