Aufschrei von Frank Wedekind

Was ich getan, das läßt sich nicht bessern,
Es läßt das Gewissen sich nicht verwässern.
Ich stehe schuldlos vor meinem Verstand
Und fühle des Schicksals zermalmende Hand.
 
Der Mut versiegt, es wachsen die Schmerzen,
Und öd’ und trostlos wird es im Herzen.
Ich bin verstoßen, ich bin verdammt,
Ringsher von Rachegluten umflammt.
 
Wenn jetzt mich Irrsinn lindernd umfinge,
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Wenn ich verkappt in den Himmel ginge!
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Verschlossen ward mir die Seligkeit,
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Ich schliche mich ein im Schellenkleid.
 
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Was ich begangen, läßt sich nicht sühnen.
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Man schätzt den Klugen, man preist den Kühnen,
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Allein das Herz, das Herz in der Brust
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Ist sich unendlicher Schuld bewußt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Aufschrei“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Aufschrei“ wurde von Frank Wedekind (1864 - 1918) verfasst, der neben Werken für das Theater auch zahlreiche lyrische Texte schrieb. Seine Schaffenszeit liegt im Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert, was ihn sowohl der Epoche des Naturalismus als auch dem beginnenden Expressionismus zuordnen lässt.

Der erste Eindruck des Gedichts ist von der Schwere und Tragik geprägt. Im Mittelpunkt steht das lyrische Ich, das sich in einer tiefen existenziellen Krise befindet.

Inhaltlich thematisiert das Gedicht ein Gefühl des Versagens und der Schuld. Das lyrische Ich reflektiert die Unmöglichkeit, seine Taten ungeschehen zu machen oder zu verändern (Verse 1 und 13). Es fühlt sich ausgegrenzt und durch „Rachegluten“ bedroht (Vers 8), was auf eine vermeintliche oder tatsächliche Verurteilung durch sein soziales Umfeld hindeuten könnte. Diese Empfindungen münden in Vers 9 und 10 in den Wunsch nach Erlösung durch den Wahnsinn oder den Tod. Das abschließende Bekenntnis der „unendlichen Schuld“ (Vers 16) rundet das düstere Bild ab.

Der Form und Sprache des Gedichts liegt ein klar strukturierter Aufbau zugrunde. Die vier Strophen à vier Versen sind streng durchgehalten. Der regelmäßige Versrhythmus und die teilweise Reimstruktur kontrastieren dabei mit der emotionalen Intensität der Aussagen des lyrischen Ichs. Die Wortwahl und Metaphorik ist bildhaft und dramatisch, was die inneren Konflikte und Leiden des lyrischen Ichs noch verstärkt eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.

Insgesamt lässt sich sagen, dass Wedekinds „Aufschrei“ ein eindringliches poetisches Dokument innerer Zerrissenheit und isolierter Schuld ist. Es steht repräsentativ für die thematische Ausrichtung Wedekinds hin zu existenziellen und moralischen Fragestellungen. Hierbei spiegeln sich auch Anklänge an den Expressionismus wider, der die Innerlichkeit und den subjektiven Blick auf die Welt stark betont.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Aufschrei“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Frank Wedekind. Wedekind wurde im Jahr 1864 in Hannover geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1905. Der Erscheinungsort ist München. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei Wedekind handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 104 Worte. Die Gedichte „Alte Liebe“, „Altes Lied“ und „Am Scheidewege“ sind weitere Werke des Autors Frank Wedekind. Zum Autor des Gedichtes „Aufschrei“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.

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