Der Anstand von Johann Baptist Alxinger

Hier, wo der Boden sich mit gelben,
Dem Baum’ entsunkenen Blättern deckt,
Nackt über mir sich Aeste wölben,
Lieg’ ich im Rasen hingestreckt:
 
An einer alten Eiche hänget
Mein ungeladen Feuerrohr;
Denn, o kein Mordgedanke dränget
Sich in ein zärtlich Herz empor.
 
O weidet nur, ihr jungen Rehe!
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O weidet nur in Sicherheit;
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Obgleich ich Liebesiecher sehe,
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Wie ihr durch Liebe glücklich seyd.
 
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O Gott! wie, wenn sie plötzlich käme
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Durch dieser Bäume Säulengang
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Wenn fernher schon mein Ohr vernähme
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Des lieben Mädchens Engelsang!
 
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Auffahr’ ich, wie ein Feuerfunken,
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Umarme sie so inniglich,
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Und jauchz’ und klammre wonnetrunken
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So fest an ihre Schulter mich.
 
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Dann lang’ ich Brodt aus meiner Tasche,
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Das nun der Götterspeise gleicht
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Und trink’ aus dieser Jägerflasche,
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Noch von des Mädchens Lippen feucht.
 
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Weh mir! ich fühle, daß ich träume,
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Ach, meilenweit entfernt ist sie,
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Und in dem Säulengang der Bäume
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Nur Schweigen und Melancholie!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25 KB)

Details zum Gedicht „Der Anstand“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
149
Entstehungsjahr
1780
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von Johann Baptist Alxinger, einem österreichischen Dichter, der im 18. Jahrhundert lebte. Eine zeitliche Einordnung würde demnach in Richtung Aufklärung und Empfindsamkeit gehen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht wie eine romantische Liebesgeschichte in einer idyllischen Naturkulisse. Das lyrische Ich liegt unter Bäumen, beobachtet Rehe und träumt von einer geliebten Person, die zu ihm kommt.

Das Gedicht beginnt mit einer Beschreibung der natürlichen Umgebung und dem Ort, an dem sich das lyrische Ich befindet. Es liegt unter Bäumen, umgeben von herbstlich gefärbten Blättern. Das ungeladene Gewehr, welches an einer Eiche hängt, zeigt seine friedfertige Absicht. In den folgenden Versen scheint das lyrische Ich verliebt zu sein und beneidet das Glück der jungen Reh, das es beobachtet.

In der vierten Strophe beginnt das lyrische Ich, von einem Mädchen zu phantasieren. Es stellt sich vor, wie sie plötzlich durch den Baumgang kommt und es ihren Gesang hört. In der Folge zeigt es seine überschwänglichen Gefühle, wenn sie tatsächlich erscheinen würde. Der gemeinsame Genuss von Essen und Trinken verstärkt die Intimität dieses imaginären Treffens.

Die letzte Strophe bringt eine Wendung, als das lyrische Ich realisiert, dass es nur träumt. Sein Geliebtes ist weit entfernt, und statt ihrer anwesenden fröhlichen Stimmung herrscht nur Stille und Melancholie.

Die Form des Gedichts ist sieben vierzeilige Strophen. Es verwendet eine relativ einfache, aber bildhafte Sprache, um das Setting und die Gefühle des lyrischen Ichs zu beschreiben. Besonders hervorzuheben ist die Reimform ABAB in den Strophen. Insgesamt gesehen, ist das Gedicht traditionell in Form und Sprache, drückt aber ein tiefes Empfinden von Sehnsucht und der Suche nach Nähe und Liebe aus. Die Melancholie des letzten Abschnitts verdeutlicht die Kluft zwischen Traum und Realität, ein klassisches Thema in der romantischen Literatur.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Anstand“ des Autors Johann Baptist Alxinger. Alxinger wurde im Jahr 1755 in Wien geboren. 1780 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Halle. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zu. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 149 Worte. Die Gedichte „An Herrn Hofrath von Greiner“, „Haschka an mich“ und „Meine Prüfung, an Haschka“ sind weitere Werke des Autors Johann Baptist Alxinger. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Anstand“ weitere 23 Gedichte vor.

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