Meine Prüfung, an Haschka von Johann Baptist Alxinger

In jener grauenvollen Stunde,
(Weh mir, noch reißt der wilde Schmerz
Gewaltsam auf die kaum geheilte Wunde,
Und stürmet durch mein Herz;)
 
Als ihr, der Einzigen, der ganz sich meine
Erregte Seel' entgegengießt,
Die mir ein Weib, und die es mir alleine
Im All der Schöpfung ist;
 
Als ihr der Tod mit allen seinen Schaudern
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Das ernste: Folge mir! gedroht,
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Und sie, zu groß Minuten nur zu zaudern,
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Die Recht' ihm lächelnd bot,
 
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Als sie von Erdehoffnung nur mit Halmen
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Gebunden, Gott schon ihre Zeit
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Genau verrechnete, schon griff nach Palmen
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Der nahen Seligkeit:
 
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Da riß ich mich von ihr, vor Gott zu treten,
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Mein Aug, von keiner Thräne naß,
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Sank stumm an seinen Altar hin; denn beten,
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Kan die Verzweiflung das?
 
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Und keiner, keiner, der mich unterm Hammer
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Des Schicksals sah, sprach Trost mir ein;
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Denn ach! sie massen ihn mit meinem Jammer,
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Und fanden ihn zu klein.
 
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Nur du, ganz Christ, und Freund und Dichter, schlossest,
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Mein Haschka, deinen Arm mir auf,
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Du pflegtest liebreich meiner Wunde, gossest
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Des Mitleids Oel darauf,
 
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Und rauschtest von bekränzter Harfe Leben
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Ins todte Herz mir wieder hin,
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Und lehrtest mich die schlaffe Seel' erheben,
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Sie ganz der Erd' entziehn,
 
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Vom Schmerze nimmer übertäubt, mit tiefer
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Anbetung vor dem Ewigen
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Versinken in mein Nichts — und so dem Prüfer
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Mir Unterwerfung flehn:
 
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Da nimm sie weg, weg aus den bangen Armen,
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Worein die Liebe sie gelegt,
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Und sieht nicht, daß ich ängstlich um Erbarmen
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Zu dir sie ausgestreckt.
 
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Du schriebest jedes ihrer theuern Jahre
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Ins grosse Buch des Schicksals ein,
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Du wirst mir auch, wenn ich an ihrer Bahre
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Mich winde, Vater seyn.
 
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Und ist mein Leben ausgeweint, (hienieden
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Heißt dies uns Würmern Ewigkeit,)
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Dann harret mein ihr Arm, und Himmelsfrieden
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In wahrer Ewigkeit.
 
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Dann singt mein freyer Geist dir höhre Lieder,
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Daß du mich streng geprüfet hast;
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Denn ach! noch zieht ihn zu gewaltig nieder
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Des Fleisches schwere Last.
 
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So wagt' ich es, ich Staub, vor Gott zu flehen,
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Und Er, der schlägt und heilen kan,
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Sah fern schon meine Rettungsstunde stehen,
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Und winkte sie heran;
 
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Sie kam, schön wie ein Schutzgeist, angeflogen,
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Goß Heilung aus der milden Hand
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Auf meine Kranke, — ha! da lag der Bogen
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Des Todes abgespannt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (29.5 KB)

Details zum Gedicht „Meine Prüfung, an Haschka“

Anzahl Strophen
15
Anzahl Verse
60
Anzahl Wörter
368
Entstehungsjahr
1780
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Meine Prüfung, an Haschka“ wurde von Johann Baptist Alxinger verfasst, der von 1755 bis 1797 lebte. Alxinger war ein österreichischer Dichter, und aufgrund der Datierung seines Lebens ist es vernünftig zu vermuten, dass dieses Gedicht im späten 18. Jahrhundert geschrieben wurde.

Auf den ersten Blick erscheint dieses Gedicht als eine intime und emotionale Reaktion auf tiefe persönliche Trauer und leidenschaftliche Freundschaft. Trotz der Lebensbejahenden Wendung am Ende, ist das Gedicht zutiefst geprägt von Schmerz und Verlust.

In einfachen Worten handelt das Gedicht von der verzweifelten Auseinandersetzung des lyrischen Ichs mit dem Tod einer geliebten Person, in diesem Fall vermutlich einer Frau. Die Person ist schwer krank und das lyrische Ich fühlt sich ohnmächtig und verzweifelt angesichts des sich nähernden Todes. Es flieht zu Gott, findet aber keine Trost und fühlt sich von der Welt verlassen. Nur der adressierte „Haschka“, ein Freund und Dichterkollege, bietet Trost und Mitgefühl. In der weiteren Auseinandersetzung mit seinem Schmerz akzeptiert das lyrische Ich allmählich die Vergänglichkeit des Lebens und erfährt schließlich eine Art Erlösung, als die geliebte Person überlebt.

Formal besteht das Gedicht aus fünfzehn vierzeiligen Strophen. Die Versform ist durch einheitlichen Wechsel von vierhebigen Jamben und dreihebigen Daktylen gekennzeichnet. Es gibt keinen festen Reim, aber ein wiederkehrendes Muster wobei die ersten und dritten Zeilen jeder Strophe meistens reimlos sind und die zweiten und vierten Zeilen jedes Mal eine Endreimung aufweisen.

Die Sprache ist typisch für die Epoche der späten Aufklärung. Es ist reich an Bildern, die auf das Leiden und die Verzweiflung des lyrischen Ichs hinweisen, wie „grauenvolle Stunde“, „wilde Schmerz“ und „todte Herz“. Diese Bilder sind oft aus der natürlichen Welt entlehnt, was dem Gedicht einen gewissen Realismus verschafft. Aber es gibt auch zahlreiche abstrakte Begriffe wie „Hoffnung“, „Verzweiflung“ und „Ewigkeit“, die eine metaphysische Dimension hinzufügen.

Abschließend lässt sich sagen, dass „Meine Prüfung, an Haschka“ ein eindrucksvolles Zeugnis der persönlichen Auseinandersetzung mit Tod und Leid ist. Es verbindet auf eine sehr berührende Art und Weise die tiefgreifende menschliche Erfahrung von Verlust und Trauer mit dem Trost und der Hoffnung, die in einer leidenschaftlichen Freundschaft und im Glauben an Gott gefunden werden können.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Meine Prüfung, an Haschka“ ist Johann Baptist Alxinger. Im Jahr 1755 wurde Alxinger in Wien geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1780 entstanden. In Halle ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit oder Sturm & Drang zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 60 Versen mit insgesamt 15 Strophen und umfasst dabei 368 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Baptist Alxinger sind „An den Freyherrn von Gebler“, „An Herrn Hofrath von Greiner“ und „Haschka an mich“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Meine Prüfung, an Haschka“ weitere 23 Gedichte vor.

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