Überfahrt von Joachim Ringelnatz

Die Brücke brach. Da lag ich sekundenlang
Mehrmals gebrochen quer über’m Schienenstrang.
Wuchs ein Balg mit Lichtern aus Donner und Qualm
Rasend heran.
Schrein? Wegwälz? – Zermalm? –
Dann – –
Quietsch. Meine Knochen zerknürpsten;
Die dicksten waren die mürbsten.
Entzwei. Vorbei.
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Splitter mit Brei.
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Sah noch den armen motivführer erschauern.
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Dann erhob ich mich, heißt: ich fühlte mich licht
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Aufwärts schräg durch Lüfte und Mauern,
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Dachte vielleicht noch – vielleicht auch nicht –
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Mit einem komischen Rest von „Bedauern“:
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„Schade, daß mich Bruder Wolfgang jetzt nicht sieht!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Überfahrt“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
83
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor dieses Gedichts ist Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Damit lässt sich das Gedicht in die Epoche der Moderne einordnen.

Auf den ersten Blick ist das Gedicht sehr dramatisch und wirkt fast wie eine Schilderung eines Unfalls oder einer Katastrophe. Ringelnatz nutzt dabei sehr direkte und drastische Sprache, die zusammen mit dem kurzen, abgehackten Rhythmus ein Gefühl von Chaos und Zerstörung vermittelt.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht offenbar einen tragischen Unfall oder Zwischenfall, bei dem es den Anschein hat, dass das lyrische Ich stirbt oder zumindest schwer verletzt wird. Es wird die Zerstörung einer Brücke beschrieben, das „Zerknüpsen“ der Knochen und schließlich das Gefühl des Aufsteigens durch Lüfte und Mauern, was vielleicht einen Hinweis auf den Tod und das Sterben darstellt.

Das lyrische Ich scheint die Situation mit einem gewissen Grad an Gelassenheit oder sogar Humor zu betrachten, was durch die letzte Zeile „Schade, dass mich Bruder Wolfgang jetzt nicht sieht!“ verdeutlicht wird. Dies könnte ein Versuch sein, die tragische Situation herunterzuspielen oder vielleicht auch eine Art Selbstironie des lyrischen Ichs darstellen.

Das Gedicht hat eine sehr direkte, ungekünstelte Sprache und benutzt dabei viele visuelle und körperliche Bilder, um die Szene lebendig und eindrücklich darzustellen. Auch der Rhythmus des Gedichts ist sehr einprägsam und passt gut zu dem chaotischen Inhalt.

Insgesamt ist das Gedicht ein gutes Beispiel für Ringelnatz' Fähigkeit, tiefgehende Emotionen und komplexe Themen auf direkte und unkonventionelle Weise zu behandeln. Seine Kombination aus drastischer Bildsprache, schwarzem Humor und skurrilen Betrachtungen macht dieses Gedicht zu einem bemerkenswerten Werk der Moderne.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Überfahrt“. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Im Jahr 1924 ist das Gedicht entstanden. München ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 83 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 16 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Zum Autor des Gedichtes „Überfahrt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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