Zwischen den Schlachten von Kurt Tucholsky

Leidige Politika!
Clementine, süßer Fetzen!
Laß mich mich an dir ergetzen –
Bin so wild, seit ich dich sah,
Venus Amathusia!
 
Mädchen mit dem kleinen Ohr,
mit den maßvoll fetten Beinen,
sieh vor Lust mich leise weinen,
ein verliebter heißer Tor…
10 
Hogarth nennt dies Bild: Before.
 
11 
Aber eine Nacht darauf?
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Schweigt dein Troubadour und schlaft er?
13 
Hogarth nennt dies Bildchen: After.
14 
Sieh, das ist der Welten Lauf –
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hebst du die Gefühle auf?
 
16 
Bald bin ich dir wieder nah.
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Schau, ich kann nur manchmal lügen.
18 
Du tusts stets in vollen Zügen.
19 
Laß dir nur an mir genügen
20 
zwischen Noske, Kahl und Spaa –
21 
Venus Amathusia!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Zwischen den Schlachten“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
102
Entstehungsjahr
1919
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Zwischen den Schlachten“ wurde von Kurt Tucholsky verfasst. Tucholsky war ein wichtiger gesellschaftskritischer Journalist, Schriftsteller und Satiriker der Weimarer Republik. Seine Werke wurden unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht und hatten oft politische Themen, reichten aber auch in die Bereiche von Kultur und Sexualität. Es ist anzunehmen, dass dieses Gedicht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, möglicherweise während der turbulenten Jahre der Weimarer Republik (1918-1933), verfasst wurde.

Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von einer romantischen oder sexuellen Beziehung mit einer Frau namens Clementine und integriert auch Aspekte der Politik. Es besteht aus vier Strophen mit insgesamt 21 Versen. Tucholsky wendet seine typische Ironie und Satire auf die persönlichen Begehren ebenso wie auf politische Probleme an.

Inhaltlich scheint das lyrische Ich in einer Art Liebesgier zwischen der Politik, repräsentiert durch Begriffe wie „Leidige Politika“ und Namen wie „Noske, Kahl und Spaa“, und der Verliebtheit/Begehren gegenüber einer Frau hin- und hergerissen zu sein. Dabei wird in Vers 5 und Vers 21 dieselbe mythologische Figur, Venus Amathusia, als Symbol für Schönheit und Liebe erwähnt, was auf einen starken erotischen Bezug hinweist. Er vergleicht diese ambivalenten Gefühle mit den Zuständen vor und nach der sexuellen Handlung, wobei er dabei auf Werke des Künstlers William Hogarth Bezug nimmt.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen verschiedener Länge. Die erste und zweite Strophe haben je fünf Verse, die dritte Strophe wiederum hat fünf und die letzte sechs Verse. Es scheint, als ob es keinen strikten Reim- oder Metrumschema gibt, was typisch für Tucholskys freie Versform ist.

Die Sprache des Gedichts ist spielerisch und direkt, mit einer Mischung aus Alltagssprache und bildlichen Ausdrücken. Es finden sich Anspielungen auf die griechische Mythologie („Venus Amathusia“) und auf Kunstwerke („Hogarth nennt dies Bild“). Diese kulturellen Anspielungen kombiniert Tucholsky mit direkten, sexuell gefärbten Ausdrücken und politischen Anspielungen, wodurch er seine ironische und kritische Haltung zum Ausdruck bringt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Tucholsky in „Zwischen den Schlachten“ die persönliche Ebene des Begehrens mit der gesellschaftlichen Ebene der Politik verknüpft. Dabei nutzt er seinen charakteristischen spöttischen und ironischen Ton, um sowohl seine eigene Lage als auch die politische Situation seiner Zeit zu kommentieren. In seinem Gedicht kritisiert er nicht nur die politische Situation, sondern hinterfragt auch die Rolle von Lust und Begehren in der Gesellschaft und in seinem persönlichen Leben.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Zwischen den Schlachten“ ist Kurt Tucholsky. Geboren wurde Tucholsky im Jahr 1890 in Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1919 zurück. Erschienen ist der Text in Charlottenburg. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zugeordnet werden. Der Schriftsteller Tucholsky ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Inhaltlich wurden in der Literatur der Weimarer Republik häufig die Ereignisse des Ersten Weltkriegs verarbeitet. Die geschichtlichen Einflüsse des Ersten Weltkrieges und der späteren Weimarer Republik sind die prägenden Faktoren dieser Epoche. Neue Sachlichkeit ist eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik. In den Werken dieser Zeit ist die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionsloser und nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Technik, Weltwirtschaftskrise aber auch Erotik deutlich erkennbar. Es ist als Reaktion auf den literarischen Expressionismus zu werten. Die Handlung wurde meist nur kühl und distanziert beobachtet. Die Dichter orientierten sich an der Realität. Mit einem Minimum an Sprache wollte man ein Maximum an Bedeutung erreichen. Mit den Texten sollten so viele Menschen wie möglich erreicht werden. Deshalb wurde darauf geachtet eine einfache sowie nüchterne Alltagssprache zu verwenden. Viele Schriftsteller litten unter der Zensur in der Weimarer Republik. Im Jahr 1922 wurde nach einem Attentat auf den Reichsaußenminister das Republikschutzgesetz erlassen, das die zunächst verfassungsmäßig garantierte Freiheit von Wort und Schrift in der Weimarer Republik deutlich einschränkte. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die teils in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz verstärkte die Grenzen der Zensur nochmals. Später als die Pressenotverordnung im Jahr 1931 in Kraft trat, war sogar die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate möglich.

Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Schriftsteller, die ins Exil gehen, also ihre Heimat verlassen mussten. Dies geschah insbesondere zu Zeiten des Nationalsozialismus. Die Exilliteratur geht aus diesem Umstand hervor. Der Ausgangspunkt der Exilbewegung Deutschlands war der Tag der Bücherverbrennung am 30. Mai 1933. Die Exilliteratur bildet eine eigene Epoche in der deutschen Literaturgeschichte. Sie schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an. Themen wie Verlust der eigenen Kultur, existenzielle Probleme, Sehnsucht nach der Heimat oder Widerstand gegen den Nationalsozialismus sind typisch für diese Literaturepoche. Spezielle formale Merkmale weist die Exilliteratur nicht auf. Allerdings gab es einige neue Gattungen, die in dieser Literaturepoche geboren wurden. Das epische Theater von Brecht oder auch die historischen Romane waren neue literarische Textsorten. Aber auch Radioreden oder Flugblätter der Widerstandsbewegung sind hierbei als neue Textsorten zu erwähnen. Oftmals wurden die Texte auch getarnt, so dass sie trotz Zensur nach Deutschland gebracht werden konnten. Dies waren dann die sogenannten Tarnschriften.

Das Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 102 Worte. Kurt Tucholsky ist auch der Autor für Gedichte wie „’s ist Krieg!“, „Abschied von der Junggesellenzeit“ und „Achtundvierzig“. Zum Autor des Gedichtes „Zwischen den Schlachten“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 136 Gedichte vor.

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