Zwielicht von Joseph von Eichendorff

Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken zieh’n wie schwere Träume –
Was will dieses Grau’n bedeuten?
 
Hast ein Reh du, lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger zieh’n im Wald’ und blasen,
Stimmen hin und wieder wandern.
 
Hast du einen Freund hienieden,
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Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
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Freundlich wohl mit Aug’ und Munde,
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Sinnt er Krieg im tück’schen Frieden.
 
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Was heut müde gehet unter,
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Hebt sich morgen neugeboren,
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Manches bleibt in Nacht verloren –
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Hüte dich, bleib’ wach und munter!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Zwielicht“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
90
Entstehungsjahr
1811
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Zwielicht“ wurde von Joseph von Eichendorff verfasst, einem deutschen Lyriker und Schriftsteller der Romantik. Eichendorff lebte von 1788 bis 1857, demnach liegt die Entstehungszeit des Gedichts vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick ist das Gedicht geheimnisvoll und ein wenig unheimlich, mit starken Naturbildern und einem drängenden Ton.

Inhaltlich betrachtet, nutzt Eichendorff die Metapher des Übergangs vom Tag zur Nacht (vom Licht ins Dunkel) um den Wandel von Vertrautheit hin zu potentieller Gefahr und Unbekantheit darzustellen. Durch die personifizierte Dämmerung, den sich bewegenden Wolken und Bäumen sowie den Jägern, entwickelt sich ein Gefühl des Unbehagens. In den letzten beiden Strophen wird von einem Freund gewarnt, den man nicht in dieser Stunde trauen sollte und schließt mit einer Mahnung zum Wachsein und zur Vorsicht ab.

In Bezug auf die Aussage des lyrischen Ichs: Es nutzt die Symbolik der sich ändernden Tageszeit, um auf das Unbekannte und Potenziell Gefährliche hinzuweisen, das in vertrauten Situationen oder Personen lauern kann. Das lyrische Ich rät zur Wachsamkeit und Vorsicht in einer Zeit der Unsicherheit und des Wandels.

Das Gedicht hat eine feste Form, jede Strophe besteht aus vier Versen. Jeder Vers hat acht Silben, was das Gedicht konsistent und rhythmisch macht. In Bezug auf die Sprache ist das Gedicht hochpoetisch und nutzt starke Bildsprache. Es ist reich an Metaphern und personifizierenden Darstellungen und die Wortwahl ist eher dunkel und geheimnisvoll. Die Wiederholung der Warnungen und Appelle verleiht dem Gedicht einen drängenden und auffordernden Ton.

Zusammenfassend ist „Zwielicht“ ein Musterbeispiel für Eichendorffs lyrisches Schaffen. Es nutzt atmosphärische Naturbeschreibungen und ausdrucksstarke Metaphorik, um Gefühle der Unsicherheit und Appelle zur Wachsamkeit auszudrücken. Mit seiner Form und seinem Rhythmus ist es zudem ein angenehm zu lesendes Gedicht. Es bringt den Wandel und mögliche Gefahren wunderbar zum Ausdruck und fordert den Leser zur Wachsamkeit auf.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Zwielicht“ des Autors Joseph von Eichendorff. Eichendorff wurde im Jahr 1788 geboren. Im Jahr 1811 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Der Schriftsteller Eichendorff ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Der Romantik vorausgegangen waren die Epochen der Weimarer Klassik und der Aufklärung. Die Literaturepoche der Romantik ist zeitlich vom Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einzuordnen. Besonders auf den Gebieten der bildenden Kunst, der Literatur und der Musik hatte diese Epoche Auswirkungen. Die Romantik kann in drei Phasen unterteilt werden: Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848). Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (beginnend im Jahr 1789) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. Beispielsweise gilt die Blaue Blume als das zentrale Motiv der romantischen Literatur. Sie symbolisiert Sehnsucht und Liebe und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Texten und Gedichten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Poesie und Wissenschaft, zwischen Traum und Wirklichkeit soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.

Das 90 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „In Danzig“, „Kurze Fahrt“ und „Lied“ sind weitere Werke des Autors Joseph von Eichendorff. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zwielicht“ weitere 395 Gedichte vor.

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