Zum Aufstellen der Geräte von Joachim Ringelnatz
Ein Muster
1 |
So unterwegs in einem schönen Hechtsprung |
2 |
Erblickte er das Licht der Welt, das Leben, |
3 |
Und hat – obwohl er damals doch noch recht jung – |
4 |
Sich doch sofort in Hilfsstellung begeben. |
5 |
Den Kniesturz übend und manch andre Tugend, |
6 |
Verging ihm eine turnerische Jugend |
7 |
Im Wachen teils und teils im Traum |
8 |
Und Freitagnachmittags am Schwebebaum. |
|
|
9 |
Vorturner wurde er und Löwenbändiger, |
10 |
Seemann und Schornsteinfeger, Akrobat |
11 |
Und schließlich turnerischer Sachverständiger |
12 |
Im transsibirischen Artistenrat. |
13 |
Er las die Morgenzeitung stets im Handstand, |
14 |
Vom Hang der Freiheit sprach sein roter Schlips. |
15 |
Er glich – wie er im Turnsaal an der Wand stand – |
16 |
Dem allbekannten Herkules aus Gips. |
|
|
17 |
Inhaber aller silbernen Pokale, |
18 |
Erwarb er sich den Franziskanerpreis |
19 |
Und im August in Halle an der Saale |
20 |
Die Jahnkokarde mit dem Lorbeerreis. |
21 |
Ein zarter Kern in einer rauhen Schale. |
|
|
22 |
Er hat sich mit einem Salto mortale |
23 |
Aus dem Leben |
24 |
Über ein Felsengeländer |
25 |
Hinwegbegeben. |
Details zum Gedicht „Zum Aufstellen der Geräte“
Joachim Ringelnatz
4
25
141
1920
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Autor dieses Gedichts ist Joachim Ringelnatz, dessen Lebenszeitraum von 1883 bis 1934 einen möglichen zeitlichen Kontext zeigt. Dies bedeutet, dass das Gedicht in einer Zeit des Umbruchs, zwischen zwei Weltkriegen und großen sozialen Veränderungen, entstand.
Beim ersten Durchlesen fällt auf, dass das Gedicht einen Lebensweg beschreibt, insbesondere jenen eines Athleten oder Künstlers. Das lyrische Ich erzählt seine Geschichte aus der Distanz und mit einer gewissen Ironie, die typisch ist für Ringelnatz' Stil.
Das Gedicht folgt dem Lebensweg eines Mannes, der sich der turnerischen Kunst verschrieben hat. Geboren und sogleich „in Hilfsstellung“, verbringt er seine Jugend mit Turnübungen und Träumen. Er steigt auf, wird ein anerkannter Turner, Vorturner, Löwenbändiger, Seemann, Schornsteinfeger, Akrobat und sogar ein „turnerischer Sachverständiger“. Er wird als starker, athletischer Mann beschrieben, vergleichbar mit Herkules. Sein Leben ist geprägt von seiner Hingabe zur turnerischen Kunst, was durch das Erwähnen der Pokale und Preise, die er gewann, verdeutlicht wird. Trotz seiner Stärke und Ruhmes zeigt die Formulierung „Ein zarter Kern in einer rauhen Schale“ eine gewisse Verletzlichkeit des Protagonisten. Das Gedicht endet mit einer tragischen Wende, indem der Protagonist durch einen Salto mortale – wörtlich ein tödlicher Sprung – aus dem Leben scheidet.
Formal ist das Gedicht in vier Strophen unterteilt, wobei die ersten beiden Strophen jeweils aus acht Versen bestehen, die dritte aus fünf und die letzte aus vier. Die Strophen erzählen aufeinander aufbauend die Geschichte des Protagonisten, wobei jede Strophe eine Phase in seinem Leben widerspiegelt. Die Sprache des Gedichts ist alltäglich und leicht verständlich, doch durch den ironischen Unterton entsteht eine spielerische Distanz zum traurigen Inhalt.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass dieses Gedicht eine melancholische Hommage an einen Turner darstellt, dessen Leben und tragisches Ende von Ringelnatz mit einem untergründigen Humor und einer gewissen Ironie dargestellt werden.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Zum Aufstellen der Geräte“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. München ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 141 Worte. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zum Aufstellen der Geräte“ weitere 560 Gedichte vor.
+ Mehr Informationen zum Autor / Gedicht einblenden.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Joachim Ringelnatz
Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Joachim Ringelnatz und seinem Gedicht „Zum Aufstellen der Geräte“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.
Weitere Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz (Infos zum Autor)
- ...als eine Reihe von guten Tagen
- 7. August 1929
- Abendgebet einer erkälteten Negerin
- Abermals in Zwickau
- Abgesehen von der Profitlüge
- Abglanz
- Abschied von Renée
- Abschiedsworte an Pellka
- Afrikanisches Duell
- Alone
Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt