Zum Aufstellen der Geräte von Joachim Ringelnatz

Ein Muster

So unterwegs in einem schönen Hechtsprung
Erblickte er das Licht der Welt, das Leben,
Und hat – obwohl er damals doch noch recht jung –
Sich doch sofort in Hilfsstellung begeben.
Den Kniesturz übend und manch andre Tugend,
Verging ihm eine turnerische Jugend
Im Wachen teils und teils im Traum
Und Freitagnachmittags am Schwebebaum.
 
Vorturner wurde er und Löwenbändiger,
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Seemann und Schornsteinfeger, Akrobat
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Und schließlich turnerischer Sachverständiger
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Im transsibirischen Artistenrat.
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Er las die Morgenzeitung stets im Handstand,
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Vom Hang der Freiheit sprach sein roter Schlips.
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Er glich – wie er im Turnsaal an der Wand stand –
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Dem allbekannten Herkules aus Gips.
 
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Inhaber aller silbernen Pokale,
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Erwarb er sich den Franziskanerpreis
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Und im August in Halle an der Saale
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Die Jahnkokarde mit dem Lorbeerreis.
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Ein zarter Kern in einer rauhen Schale.
 
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Er hat sich mit einem Salto mortale
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Aus dem Leben
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Über ein Felsengeländer
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Hinwegbegeben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Zum Aufstellen der Geräte“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
25
Anzahl Wörter
141
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Autor dieses Gedichts ist Joachim Ringelnatz, dessen Lebenszeitraum von 1883 bis 1934 einen möglichen zeitlichen Kontext zeigt. Dies bedeutet, dass das Gedicht in einer Zeit des Umbruchs, zwischen zwei Weltkriegen und großen sozialen Veränderungen, entstand.

Beim ersten Durchlesen fällt auf, dass das Gedicht einen Lebensweg beschreibt, insbesondere jenen eines Athleten oder Künstlers. Das lyrische Ich erzählt seine Geschichte aus der Distanz und mit einer gewissen Ironie, die typisch ist für Ringelnatz' Stil.

Das Gedicht folgt dem Lebensweg eines Mannes, der sich der turnerischen Kunst verschrieben hat. Geboren und sogleich „in Hilfsstellung“, verbringt er seine Jugend mit Turnübungen und Träumen. Er steigt auf, wird ein anerkannter Turner, Vorturner, Löwenbändiger, Seemann, Schornsteinfeger, Akrobat und sogar ein „turnerischer Sachverständiger“. Er wird als starker, athletischer Mann beschrieben, vergleichbar mit Herkules. Sein Leben ist geprägt von seiner Hingabe zur turnerischen Kunst, was durch das Erwähnen der Pokale und Preise, die er gewann, verdeutlicht wird. Trotz seiner Stärke und Ruhmes zeigt die Formulierung „Ein zarter Kern in einer rauhen Schale“ eine gewisse Verletzlichkeit des Protagonisten. Das Gedicht endet mit einer tragischen Wende, indem der Protagonist durch einen Salto mortale – wörtlich ein tödlicher Sprung – aus dem Leben scheidet.

Formal ist das Gedicht in vier Strophen unterteilt, wobei die ersten beiden Strophen jeweils aus acht Versen bestehen, die dritte aus fünf und die letzte aus vier. Die Strophen erzählen aufeinander aufbauend die Geschichte des Protagonisten, wobei jede Strophe eine Phase in seinem Leben widerspiegelt. Die Sprache des Gedichts ist alltäglich und leicht verständlich, doch durch den ironischen Unterton entsteht eine spielerische Distanz zum traurigen Inhalt.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass dieses Gedicht eine melancholische Hommage an einen Turner darstellt, dessen Leben und tragisches Ende von Ringelnatz mit einem untergründigen Humor und einer gewissen Ironie dargestellt werden.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Zum Aufstellen der Geräte“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. München ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 25 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 141 Worte. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Zum Aufstellen der Geräte“ weitere 560 Gedichte vor.

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