Wollust von Karl Kraus

O Unterschied im Liebesspiele!
Wie kommt es aus ganz andern Quellen:
bei ihr zu sein,
und sie sich vorzustellen!
Denn sie ist nur ein Schein;
doch wenn sie fern, erwachsen die Gefühle.
 
Kurz ist die Gier,
und man ist bald am Ziel
und fühlt nur eben, was man fühle;
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das ist nicht viel.
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Gern wär’ man aus dem Spiele,
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ist man bei ihr.
 
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Wie bin ich anders aufgewühlt,
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ist sie entrückt!
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Wie wird sie vielfach neu und nah
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und endlos bleibe ich verzückt,
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denn sie, sie selbst ist da,
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und ich, ich fühle, was sie fühlt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Wollust“

Autor
Karl Kraus
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
96
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Wollust“ stammt von Karl Kraus, einem österreichischen Schriftsteller und Publizisten, der von 1874 bis 1936 lebte. Das Gedicht lässt sich zeitlich der Epoche der Moderne zuordnen, in der sich viele Schriftsteller mit Themen wie Identität, Emotionalität und Sexualität auseinandersetzten.

Beim ersten Lesen fällt die ausgesprochen emotionale und romantische Tonalität des Gedichts auf. Es scheint sich um das innere Erleben und die Gefühlsregungen einer Liebe zu handeln.

Inhaltlich geht es in Kraus' Gedicht um das Spiel der Liebe und das emotionale Tief, das diese Liebe begleitend beschreibt. Das lyrische Ich thematisiert sowohl die physische Nähe als auch die mentale Distanz zum Gegenüber und zeigt, wie diese beiden Aspekte auf das Gefühlsleben einwirken. Es wird erzählt, dass die physische Anwesenheit der Geliebten das Verlangen schnell stillt und gefühlsmäßig nicht viel hinterlässt („Kurz ist die Gier“), wohingegen die Vorstellung und Erinnerung an sie intensive Gefühle hervorbringt, die das lyrische Ich „vielfach neu und nah“ erlebt.

Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils sechs Versen, die durch Interpunktionszeichen und große Anfangsbuchstaben gekennzeichnet sind. Somit macht Kraus Gebrauch von der klassischen Strophenform. Seine Sprache ist verständlich, jedoch durch den Einsatz von Metaphern und anderen Stilmitteln dennoch poetisch. Er beschreibt nicht nur Sachverhalte, sondern drückt auch seine Gefühle in einer eher verschlüsselten Art und Weise aus, sodass der Leser angeregt wird, sich eigene Gedanken zu machen und das Gedicht auf seine eigene Weise interpretieren kann.

Abschließend lässt sich feststellen, dass das lyrische Ich in Kraus' Gedicht „Wollust“ durch das Spiel von Distanz und Nähe in der Liebe sowohl eine Intensität der Gefühle als auch eine emotionale Flachheit erlebt. Die Wahl der Worte und die Form des Gedichts tragen dazu bei, diese intensiven und wechselhaften Gefühle zu verdeutlichen.

Weitere Informationen

Karl Kraus ist der Autor des Gedichtes „Wollust“. 1874 wurde Kraus in Jičín (WP), Böhmen geboren. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 96 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Weitere Werke des Dichters Karl Kraus sind „Auferstehung“, „Aus jungen Tagen“ und „Bange Stunde“. Zum Autor des Gedichtes „Wollust“ haben wir auf abi-pur.de weitere 61 Gedichte veröffentlicht.

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