Wohlgemeint an Biedermann von Joachim Ringelnatz

Geh doch einmal ins Gegenteil
Und laß dich etwas kitzeln!
Wir sind oft unbefriedigt, weil
Wir übersicher witzeln.
 
Wir ziehen satt in geregeltem Trott
Auf Wegen, die scheinbar nie krumm gehn,
Eine bröcklige Gipsbüste von Gott,
Nach der wir uns gar nicht mehr umsehn.
 
Ich sage „wir“ und ich meine dabei
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„Gut mittelbeamtlich erzogen“
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Im Sinne von Kirche, Staat, Polizei.
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Alles andre ist ja erlogen.
 
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Ach reise doch mal nach Andrerseits
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Und freue dich mit Verdammten,
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Wär’s nur an einem „Beinespreiz“
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Für die mittleren Beamten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Wohlgemeint an Biedermann“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
86
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wohlgemeint an Biedermann“ wurde vom deutschen Autor Joachim Ringelnatz geschrieben, der von 1883 bis 1934 lebte. Ringelnatz zählt zur Literatur der Weimarer Republik und ist bekannt für seine humoristischen und sarkastischen Gedichte.

Schon auf den ersten Blick fällt der ironische und spöttische Tonfall des Gedichts auf. Ringelnatz benutzt humorvolle und teilweise respektlose Ausdrücke, um seine Botschaft zu vermitteln, was typisch für seine Werke ist.

Inhaltlich richtet sich das lyrische Ich an einen fiktiven „Biedermann“, der als Prototyp des braven, angepassten, mittleren Beamten mit vorhersehbaren Verhaltensweisen und Einstellungen charakterisiert wird. Er wird aufgefordert, aus seiner sicheren Komfortzone auszubrechen, um Neues zu erleben und seine Weltanschauung in Frage zu stellen. Er wird dazu ermutigt, den „anderen“ Weg zu gehen, was als komische Anspielung auf das Sprichwort „den geraden Weg gehen“ verstanden werden kann.

Das lyrische Ich kritisiert die scheinbare Zufriedenheit und Selbstsicherheit des Biedermanns mit seinem geregelten, berechenbaren Lebensstil. Dieser wird als fade charakterisiert, indem er als eine bröckelnde Gipsbüste verglichen wird, die niemand mehr beachtet.

Form und Sprache des Gedichts sind recht unkonventionell. Der Versbau ist unregelmäßig und der Reim ist locker gehalten. Die Sprache ist direkt, umgangssprachlich, mit einer Prise Humor und Sarkasmus. Ringelnatz setzt dies ein, um die braven und konformen Werte und Verhaltensweisen der spießbürgerlichen Gesellschaft anzuprangern und zu belächeln.

Insgesamt ist „Wohlgemeint an Biedermann“ ein ironisch-kritisches Gedicht, das zum Nachdenken anregt, und die provokative Aufforderung an den Leser bzw. „Biedermann“ enthält, seinen Horizont zu erweitern und seine bequemen und konformistischen Gewohnheiten zu hinterfragen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Wohlgemeint an Biedermann“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1929 entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 86 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Die Gedichte „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Wohlgemeint an Biedermann“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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