Wirklichkeit von Gottfried Keller

So manchmal irre werd’ ich an der Stunde,
An Tag und Jahr, ach, an der ganzen Zeit;
Es gährt, es tost: doch mitten auf dem Grunde
Ist es so still, so kalt, so zugeschneit.
 
Habt ihr euch auf ein neues Jahr gefreut,
Die Zukunft preisend mit beredtem Munde?
Es rollt heran und schleudert, o wie weit,
Euch rückwärts! – Ihr versinkt im alten Schlunde.
 
Und dennoch kann die Hoffnung nie verlieren!
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Sind auch noch viele Nächte zu durchträumen,
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Zu schlafen, zu durchwachen – zu durchfrieren.
 
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So wahr erzürnte Wasser müssen schäumen,
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Muß, ob der tiefsten Nacht, Tag triumphiren,
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Und steh: schon bricht es roth aus Wolkensäumen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Wirklichkeit“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1860
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wirklichkeit“ wurde von dem Schweizer Dichter Gottfried Keller verfasst, der von 1819 bis 1890 lebte. Dieser gehörte der Epoche des Realismus an, wobei er jedoch auch von der Romantik beeinflusst wurde.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht etwas melancholisch und auch verwirrend. Es handelt vom Vergehen der Zeit und von der Unvorhersehbarkeit des Lebens. Der lyrische Sprecher berichtet von seiner Ungewissheit und Verwirrung gegenüber der Zeit und Wirklichkeit.

Im Detail stößt der Sprecher auf Konflikte mit der Zeit und Wirklichkeit. Er fühlt sich unruhig und verwirrt (Strophe 1). Er hinterfragt dann die Hoffnungen und Erwartungen der Menschen auf das neue Jahr und stellt dar, wie schnell die Zeit vergeht und Menschen immer wieder in die gleichen Muster zurückfallen (Strophe 2). Trotz aller Unsicherheiten und Schwierigkeiten bleibt die Hoffnung jedoch bestehen und es besteht die Gewissheit, dass nach der Dunkelheit immer wieder ein neuer Tag anbricht (Strophe 3 und 4).

Das Gedicht besteht aus vier Strophen und insgesamt 14 Versen. Die ersten beiden Strophen haben je vier Verse, die beiden letzten je drei. Dieser Aufbau verleiht dem Gedicht einen symmetrischen, geordneten Eindruck, der jedoch durch die Thematik der Ungewissheit und Verwirrung kontrastiert wird.

Sprachlich ist das Gedicht in einer recht gehobenen, bildreichen Sprache verfasst. Es finden sich zahlreiche Metaphern, unter anderem das Bild des gärenden und tosenden Meeres, das die innere Unruhe des Sprechers symbolisiert, sowie das Bild des roten Morgenlichts, das aus den Wolken bricht und Hoffnung symbolisiert.

Insgesamt kann „Wirklichkeit“ von Gottfried Keller als eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der Zeit und der menschlichen Existenz gesehen werden. Trotz der Schwierigkeiten und Unsicherheiten bleibt die Hoffnung bestehen und das Leben geht mit dem Anbruch eines neuen Tages weiter.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Wirklichkeit“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Gottfried Keller. Der Autor Gottfried Keller wurde 1819 in Zürich geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1860. Der Erscheinungsort ist Zürich. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei Keller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 104 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Gottfried Keller ist auch der Autor für Gedichte wie „Die kleine Passion“, „Die Entschwundene“ und „Der Kirchenbesuch“. Zum Autor des Gedichtes „Wirklichkeit“ haben wir auf abi-pur.de weitere 48 Gedichte veröffentlicht.

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