Winternachmittag an der Elbe von Otto Ernst

Durch den Schnee, der Schlucht und Gräben füllt,
Wandert meine Seele ruhumhüllt.
Ach, sie möchte sich Genüge tun,
Lebenswarm im weißen Totenlinnen ruhn!
 
Denn es wacht wie eine Flamme mein Gemüt
In der Stille dieser Schlummerzeit.
Wie ein einzig Licht in Waldesnächten glüht,
Brennt mein Herz in Wintereinsamkeit.
 
Horch, wer hat den toten Hain erschreckt?
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Überlast des Schnees fiel von den Zweigen.
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Einen Laut hat sich Natur erweckt,
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Weil ihr graute vor dem eignen Schweigen.
 
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Durch beschneite Zweige kann ich ferne sehn,
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Wo die stillen Segel gehn.
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Aus dem Reich der stummen Nebelhöhn gesandt,
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Ziehn sie lautlos in des Traumes Land. –
 
17 
Holder Tag, der unterm Eis verrinnt,
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Ewig wirst du mir im Herzen sein!
19 
Tief gebettet dort, wirst du noch einst ein Wein,
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Der die alten Augen mir mit Licht umspinnt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Winternachmittag an der Elbe“

Autor
Otto Ernst
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
131
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Winternachmittag an der Elbe“ und wurde von dem Autor Otto Ernst im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert verfasst. Es handelt sich hierbei um ein Naturgedicht mit Winterstimmung.

Die erste Strophe spricht von einer Wanderung der Seele durch eine vom Schnee bedeckte Landschaft, was zunächst einen eher melancholischen, ruhigen Eindruck macht. Das lyrische Ich sehnt sich offenbar nach Ruhe und Geborgenheit und möchte sich „lebenswarm im weißen Totenlinnen ruhn“. Hier lässt sich eine innere Zerrissenheit oder Einsamkeit erkennen.

Diese Einsamkeit, aber auch eine innere Auseinandersetzung wird in der zweite Strophe fortgesetzt, wo das lyrische Ich davon spricht, dass sein Gemüt in der Stille „wie eine Flamme“ wacht und sein Herz in der „Wintereinsamkeit“ brennt. Die Winterlandschaft und ihre Stille spiegeln also, wie es für die Lyrik typisch ist, den inneren Zustand des lyrischen Ichs wider.

Die dritte Strophe bringt eine gewisse Unruhe mit sich, wenn der „tote Hain“ erschreckt wird, was ein Hinweis auf eine innere Beunruhigung oder eine unerwartete Veränderung sein könnte. Natur wird hier als etwas Lebendiges dargestellt, das sich vor seinem eigenen Schweigen fürchtet.

In der vierten Strophe berichtet das lyrische Ich von den „stillen Segeln“, die es in der Ferne sieht. Dies könnte als Metapher verstanden werden, die für Sehnsucht, Träume oder Hoffnungen steht.

Die letzte Strophe endet mit einer positiven Note, da der Tag, der „unterm Eis verrinnt“, in der Erinnerung des lyrischen Ichs weiterleben wird. Hier wird ein Hoffnungsschimmer und eine tiefe Wertschätzung für den vergänglichen Moment ausgedrückt.

Das formale Schema des Gedichts besteht aus fünf Strophen zu je vier Versen. Die knappen, präzisen Verse und der teils symbolische, teils narrative Sprachgebrauch sind typisch für die Lyrik. Versmaß und Endreime machen das Gedicht klangvoll und melodisch, dabei werden Bilder einer winterlichen Landschaft klar und deutlich zum Ausdruck gebracht.

17 Die Sprache des Gedichts zeugt von großer Dichtkunst. Sie ist reich an Metaphern und Bildern, die starke Emotionen und tiefgreifende Erfahrungen vermitteln. Gleichzeitig ist die Sprache einfach und klar, was das Gedicht gut zugänglich und verständlich macht. Ebenso ist die tiefe Verbundenheit mit der Natur und die Wertschätzung des Augenblicks charakteristisch für die Dichtung dieser Zeit.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Winternachmittag an der Elbe“ ist Otto Ernst. Ernst wurde im Jahr 1862 in Ottensen bei Hamburg geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1907 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 131 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Otto Ernst ist auch der Autor für Gedichte wie „Ausflug“, „Blühendes Glück“ und „Chidhr“. Zum Autor des Gedichtes „Winternachmittag an der Elbe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 64 Gedichte vor.

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