Winterflug 1929 von Joachim Ringelnatz

Merkwürdig: Durch meine Lebenszeit
War ich wie gegen Tod gefeit.
Weiß heute wohl, warum.
Als ich noch nicht es wußte, war
Gott immer bei mir in Gefahr,
Weil ich nicht – – eben darum.
 
Unter mir: Tausend Bäume stehen,
Kahlfressen wie von Ratten,
Und werfen auf den Schnee, die Schneen
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Gleichviel blauzarte Schatten.
 
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Wenn man vom Flugzeug niederblickt
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Auf so verschneite Welt,
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Dann glaubt man nicht mehr an Durchlaucht.
 
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Ich hätte gar zu gern geraucht
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Und einen Meukow mir bestellt
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Und eine Frau vor mir gezwickt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Winterflug 1929“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
84
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

„Das Gedicht „Winterflug 1929“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Dies platziert das Gedicht in die Weimarer Republik, eine Zeit großer kultureller und künstlerischer Blüte in Deutschland, aber auch einer zunehmenden Spannungen und Unsicherheiten auf sozialer und politischer Ebene.

Auf den ersten Eindruck hin scheint es, dass das lyrische Ich eine Reflexion über seine Sterblichkeit und die flüchtige Natur des Lebens liefert, während es einen Flugzeugblick auf eine winterliche Landschaft bietet. Die Strophen bewegen sich von einer Betrachtung des lyrischen Ichs über sein eigenes Leben und Tod, hin zu detaillierten Beschreibungen von Natur und Landschaft und schließlich zu menschlichen Wünschen und Verlangen.

In der ersten Strophe reflektiert das lyrische Ich über das Gefühl, gegen den Tod gefeit zu sein und schreibt dies Gott zu, der es in Zeiten der Gefahr beschützt hat. In der zweiten Strophe ändert sich der Fokus auf die Landschaft unter dem Flugzeug, und das lyrische Ich beschreibt die Bäume und deren Schatten auf dem Schnee. In der dritten Strophe findet eine Abkehr von der bisherigen Beobachtung statt; das lyrische Ich lehnt höheren Machtanspruch oder königliche Durchlaucht ab und gibt dem gewöhnlichen Menschsein Vorrang. In der letzten Strophe drückt das lyrische Ich Wünsche aus, zu rauchen, einen Meukow (vermutlich ein Getränk) zu bestellen und mit einer Frau zu flirten.

Im Hinblick auf die Form besteht das Gedicht aus vier Strophen mit jeweils unterschiedlicher Versanzahl (6, 4, 3 und 3 Verse). Die Sprache ist eher direkt und unverblümt, was zum Stil von Ringelnatz passt, der bekannt für seine humorvolle und oft sarkastische Lyrik war. Dies wird durch den Kontrast zwischen den gefühlvollen, nachdenklichen ersten Strophen und der scherzhaften und provokanten letzten Strophe unterstrichen. Insgesamt scheint das Gedicht die Vergänglichkeit des Lebens, die Wahrnehmung der Welt aus unterschiedlichen Perspektiven und die Einfachheit menschlicher Wünsche und Verlangen zu thematisieren.„

Weitere Informationen

Das Gedicht „Winterflug 1929“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1929 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 84 Worte. Die Gedichte „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Winterflug 1929“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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