Winkel am Wald von Georg Trakl
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Braune Kastanien. Leise gleiten die alten Leute |
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In stilleren Abend; weich verwelken schöne Blätter. |
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Am Friedhof scherzt die Amsel mit dem toten Vetter, |
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Angelen gibt der blonde Lehrer das Geleite. |
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Des Todes reine Bilder schaun von Kirchenfenstern; |
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Doch wirkt ein blutiger Grund sehr trauervoll und düster. |
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Das Tor blieb heut verschlossen. Den Schlüssel hat der Küster. |
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Im Garten spricht die Schwester freundlich mit Gespenstern. |
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In alten Kellern reift der Wein ins Goldne, Klare. |
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Süß duften Äpfel. Freude glänzt nicht allzu ferne. |
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Den langen Abend hören Kinder Märchen gerne; |
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Auch zeigt sich sanftem Wahnsinn oft das Goldne, Wahre. |
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Das Blau fließt voll Reseden; in Zimmern Kerzenhelle. |
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Bescheidenen ist ihre Stätte wohl bereitet. |
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Den Saum des Walds hinab ein einsam Schicksal gleitet; |
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Die Nacht erscheint, der Ruhe Engel, auf der Schwelle. |
Details zum Gedicht „Winkel am Wald“
Georg Trakl
4
16
129
1913
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Georg Trakl, der österreichische Lyriker und Apotheker, ist der Autor des Gedichts „Winkel am Wald“. Trakl ist einer der wichtigsten Vertreter des Expressionismus, einer literarischen Bewegung, die im frühen 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte. Er wurde 1887 geboren und starb 1914 – seine Werke sind also in die Zeit des frühen Moderne einzuordnen.
Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht ein Gefühl der Melancholie und Nachdenklichkeit. Die Auswahl bestimmter Worte und Bilder schafft eine düstere und nachdenkliche Atmosphäre, die den Leser sofort in den Bann zieht.
Das Gedicht erzählt von einer Szene, die durch die herbstliche Jahreszeit und den einführenden Blick auf Menschen, die sich in die Abendstille zurückziehen, geprägt ist. Die erwähnte Amsel am Friedhof erzeugt eine dunkle und ernste Stimmung. Im zweiten Teil wird die Eindringlichkeit von Tod und Verfall mit Bildern von leuchtenden Kirchenfenstern, Traurigkeit und dem verborgenen Schlüssel zum Friedhof ausgedrückt. Es gibt aber auch beruhigende und versöhnliche Aspekte wie die Schwester, die „freundlich mit Gespenstern“ spricht, der reifende Wein und die Kinder, die Märchen hören. Schließlich wird die Nacht als ruhiger Engel beschrieben, was wiederum Ruhe und Frieden vermittelt.
Das Gedicht ist vierstrophig mit jeweils vier Versen pro Strophe. Die verwendete Sprache ist sehr bildreich und symbolisch. Trotz der düsteren Thematik stellt Trakl diese in einer ästhetisch ansprechenden Weise dar. Auch der Wechsel von konkreten zu abstrakten Bildern stellt eine Besonderheit in Trakls Gedicht dar und trägt zur Steigerung des Ausdrucks bei.
Die stilistische und thematische Untersuchung unterstreicht die Intention des lyrischen Ichs, das Unvermeidliche - den Tod - und das täglich Erlebte - die Ruhe des Abends - miteinander zu verbinden. Trakl zeigt, dass beides Bestandteile unseres Lebens sind und schafft damit eine auf den ersten Blick widersprüchliche aber dennoch harmonische Einheit. Dem Leser wird eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Tod, aber auch mit dem Leben ermöglicht.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Winkel am Wald“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Georg Trakl. Der Autor Georg Trakl wurde 1887 in Salzburg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1913. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Trakl ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 129 Worte. Die Gedichte „Allerseelen“, „An den Knaben Elis“ und „De profundis“ sind weitere Werke des Autors Georg Trakl. Zum Autor des Gedichtes „Winkel am Wald“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 60 Gedichte vor.
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