Sonett LXXIV. von William Shakespeare
1 |
Beruh’ge dich, wenn schnödes Machtgeheiß |
2 |
Ohn’ Gnade mich von hinnen wird vertreiben; |
3 |
Nimm diese Zeil’ als meines Lebens Preis, |
4 |
Erinn’rung wird in ihr stets nah dir bleiben. |
5 |
Schweift über dies dein Blick, dann wird sich zeigen |
6 |
Der Theil von mir, der ganz dir ist geweiht; |
7 |
Dem Raube nur gebührt der Raub als eigen, |
8 |
Dein ist mein Geist, der höh’res Sein verleiht. |
9 |
Des Lebens Hefen hast du nur verloren, |
10 |
Der Würmer Speise, wenn mein Leib verzehrt, |
11 |
Ein Opfer nur, vom feigen Mord erkoren, |
12 |
Zu schlecht, daß Angedenken es herauf beschwört. |
13 |
Der Werth von diesem ist, was es enthält, |
14 |
Hier sei es dir für immer zugesellt. |
Details zum Gedicht „Sonett LXXIV.“
William Shakespeare
1
14
107
nach 1580
Humanismus, Renaissance & Reformation
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht ist ein Sonett von William Shakespeare, einem der bedeutendsten englischen Dichter und Dramatiker der Renaissance. Shakespeare lebte und arbeitete im 16. und 17. Jahrhundert und das Sonett kann diesem Zeitraum zugeordnet werden.
Der erste gesamteindruck des Gedichts ist eine beruhigende Ansprache, verbunden mit einer tiefen emotionalen Note und einem Hauch Melancholie. Sowohl die Thematik als auch die Ausdrucksweise sind getragen von hochwertiger Emotionalität und Intensität.
Inhaltlich kann man das Gedicht wie folgt zusammenfassen: Das lyrische Ich wendet sich an eine unbenannte Person, möglicherweise eine geliebte Person, und gibt ihr die Anweisung, ruhig und gelassen zu bleiben, wenn es kraft einer „schnöden Macht“ vertrieben wird. Es schenkt ihr seine Verse als Preis seines Lebens. Durch diese Verse soll die Erinnerung an das lyrische Ich erhalten bleiben. In dem Moment, in dem die unbekannte Person diese Linien liest, wird sie den Teil von ihm sehen, der ihr ganz gewidmet sein wird.
Sprachlich ist das Sonett geprägt von einer schwermütigen und zugleich tröstenden Tonalität. Einerseits wird der Tod als unumgängliche Realität anerkannt, andererseits aber wird er zugleich entmachtet und relativiert: Das lyrische Ich stellt klar, dass nur der physische Teil von ihm – der vergängliche, materielle Leib – stirbt, während der geistige Teil, der in den Versen materialisiert wird, weiterhin bestehen bleibt.
Die Form des Sonetts folgt der klassischen Struktur von vierzehn Versen, aufgeteilt in zwei Quartette und zwei Terzette. Shakespeare verwendet hierbei, wie in seinen gewohnten Stil, die strenge, sehr strukturierte Form des Sonetts, um tiefgründige, philosophische und emotional beladene Themen zu behandeln.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Sonett eine Reflexion über Vergänglichkeit und Unsterblichkeit, über das Wesen des Dichters und der Poesie selbst ist. Laut Shakespeare geht es im Tod nichts als das Leben selbst verloren - der Geist, die Essenz des Dichters, überdauert im Gedicht.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Sonett LXXIV.“ ist William Shakespeare. Im Jahr 1564 wurde Shakespeare in Stratford-upon-Avon geboren. Zwischen den Jahren 1580 und 1616 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Humanismus, Renaissance & Reformation zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Shakespeare handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 107 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters William Shakespeare sind „Sonett CIII.“, „Sonett CIV.“ und „Sonett CIX.“. Zum Autor des Gedichtes „Sonett LXXIV.“ haben wir auf abi-pur.de weitere 160 Gedichte veröffentlicht.
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