Sonett CXVIII. von William Shakespeare
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Wie, um die Eßlust gier’ger zu erhöh’n, |
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Den Gaumen wir mit scharfen Tränken quälen, |
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Wie, ungesehnen Uebeln zu entgeh’n, |
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In Arzenei’n wir uns die Krankheit wählen: |
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So hab’, von deiner Süße vollgenährt, |
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Ich gern bequemet mich zu herben Brühen; |
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Vor Wohlfahrt krank ward Labung mir gewährt, |
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Daß ohne Noth ich Krankheit mir verliehen. |
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So schlau ist Liebe! um zuvorzukommen |
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Den Uebeln, die nicht sind, wählt sichre sie; |
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Des Trankes Heilkraft soll Gesunden frommen, |
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Das Gut’ erstarkt durch herben Uebels Müh’. |
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Doch davon lern’ ich, wie so wahr es sei: |
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Wer krank an dir, dem wird nur Gift Arz’nei. |
Details zum Gedicht „Sonett CXVIII.“
William Shakespeare
1
14
103
nach 1580
Humanismus, Renaissance & Reformation
Gedicht-Analyse
Das gegebene Gedicht ist „Sonett CXVIII“ von William Shakespeare, einem englischen Dramatiker und Dichter, der in der zweiten Hälfte des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts gelebt und gearbeitet hat.
Auf den ersten Blick handelt das Gedicht von der Kontrastierung von Genuss und Leid. Es benutzt kulinarische und medizinische Metaphern, um seine Botschaft zu verdeutlichen.
Inhaltlich geht es darum, wie das lyrische Ich sich absichtlich Leid zufügt, um eine höhere Wertschätzung für Genuss zu erlangen. Es wird ein Vergleich gezogen, wie jemand sich absichtlich mit scharfen Speisen „quält“, um das Verlangen nach Essen zu steigern, oder wie sich jemand absichtlich die Krankheit wählt, um sich vor unvorhergesehenen Übeln zu schützen. In den Versen „So hab’, von deiner Süße vollgenährt, / Ich gern bequemet mich zu herben Brühen;“ zeigt sich, dass das lyrische Ich Leid auf sich nimmt, um die Süße der geliebten Person intensiver zu empfinden.
In Sachen Form handelt es sich um ein Sonett, eine strenge Gedichtform, die aus 14 Versen besteht. Hier kann die typische Einteilung in zwei Quartette und zwei Terzette anhand der inhaltlichen Struktur festgestellt werden. Zudem findet man typisch für Shakespeares Sonette einen umarmenden Reim.
Die Sprache Shakespeares ist elegant und bildreich, voller Anspielungen und Kontraste. Durch die Verwendung von Metaphern und Antithesen wird nicht nur der Inhalt, sondern auch die emotionale Komplexität des Themas hervorgehoben.
Aus dem Gedicht ergibt sich das grundlegende Thema: die Paradoxie der Liebe. Es wird vermittelt, dass das lyrische Ich willentlich Schmerz auf sich nimmt – eine Art von Selbstbeschädigung –, um bei der Rückkehr zur Geliebten die wohlige Glückseligkeit intensiver zu erleben. Doch am Ende steht die Erkenntnis, dass wer an dieser Art von Liebe leidet, wird nur durch Gifte 'geheilt'. Die Liebe ist also eine Art von Krankheit, die mit bitterer Medizin - welche das Leid nur verstärkt - behandelt wird.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Sonett CXVIII.“ ist William Shakespeare. 1564 wurde Shakespeare in Stratford-upon-Avon geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1580 und 1616. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Humanismus, Renaissance & Reformation zuordnen. Shakespeare ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 103 Worte. Die Gedichte „Der Phönix und die Turteltaube“, „Einer Liebenden Klage“ und „Sonett C.“ sind weitere Werke des Autors William Shakespeare. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sonett CXVIII.“ weitere 160 Gedichte vor.
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