Sonett CXIII. von William Shakespeare

Seit fern ich von dir, ist mein Aug’ im Sinn;
Was leitend mich auf meinen Wegen richtet,
Hat seine Kraft getheilt, ist blind dahin,
Scheint sehend zwar, doch ist es ganz vernichtet.
Denn nicht dem Herzen kann es übergeben
Die Form, die Blum’ und Vogel dar ihm stellt,
Den Geist berühret nicht im flücht’gen Weben
Das Bild, das kaum Beschauung fest sich hält.
Denn mag’s das Rohste, mag’s das Schönste schauen,
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Ob süßen Reiz, ob schnödes Ungethier,
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Ob Berg, ob See, ob Tag, ob nächtig Grauen,
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Ob Kräh’, ob Taub’ – es bildet sie nach dir.
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Erfüllt von dir, zu Anderm nicht geneigt,
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Mein treuster Sinn treulos sich mir so zeigt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Sonett CXIII.“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
113
Entstehungsjahr
nach 1580
Epoche
Humanismus, Renaissance & Reformation

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Sonett CXIII“ stammt vom weltbekannten Dichter William Shakespeare, der in der zweiten Hälfte des 16. und am Anfang des 17. Jahrhunderts tätig war. Es ist eines von 154 Sonetten, die er im Laufe seines Lebens niederschrieb.

Erster Eindruck: Das Prelude deutet auf eine Art inneren Konflikt, auf Trennung und vielleicht sogar Verlust hin. Das lyrische Ich erscheint verloren und desorientiert, vom Absentsein einer geliebten Person massiv beeinflusst.

Inhalt: Das lyrische Ich spricht von einer Art Fernweh oder Sehnsucht. Es beklagt die Abgelegenheit oder die Entfernung von jemandem oder etwas, die es tief beeindruckt und nachhaltig geprägt hat. Das lyrische Ich scheint sich zu beklagen, dass es, seit es getrennt ist, sich nicht mehr „richtig“ sieht oder wahrnimmt. Es beschreibt eine Art Verschleierung oder Trübung der eigenen Wahrnehmung, die das Fehlen dieser Person oder dieses Objekts der Begierde verursacht. Es sieht, ist jedoch blind, es nimmt wahr, doch seine Wahrnehmungen erfüllen es nicht mehr. Alle Schönheit, die es sieht, wird mit der Abwesenheit des anderen vermischt, und ihr Image hängt über allem, was es wahrnimmt.

Form und Sprache: Das Gedicht hat die klassische Form eines englischen (Shakespearian) Sonetts, bestehend aus 14 Zeilen mit einem strengen Reimschema (ABABCDCDEFEFGG). Shakespeares Sprache ist meisterhaft, sein Gespür für Rhythmus, Metrik und Reim ist bemerkenswert. Er nutzt bildliche Sprache (Metaphern, Personifikationen) und den Vergleich von Bildern für emotionalen Ausdruck („Ob süßen Reiz, ob schnödes Ungethier/Ob Berg, ob See, ob Tag, ob nächtig Grauen“).

Insgesamt handelt es sich um ein sehr schönes, wenn auch tief emotionales Gedicht, das Einblicke in Shakespeares einzigartigen lyrischen Stil und seine Fähigkeit bietet, universelle menschliche Erfahrungen und Gefühle in Worte zu fassen. Es weist auf seine Tiefe als Dichter hin und gibt uns einen Einblick in seine Vorstellung von Sehnsucht und Verlust.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sonett CXIII.“ des Autors William Shakespeare. 1564 wurde Shakespeare in Stratford-upon-Avon geboren. Zwischen den Jahren 1580 und 1616 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Humanismus, Renaissance & Reformation zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Shakespeare handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 113 Worte. Die Gedichte „Sonett CI.“, „Sonett CII.“ und „Sonett CIII.“ sind weitere Werke des Autors William Shakespeare. Zum Autor des Gedichtes „Sonett CXIII.“ haben wir auf abi-pur.de weitere 160 Gedichte veröffentlicht.

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