Wiedersehen von Heinrich Heine

Die Geisblattlaube – Ein Sommerabend –
Wir saßen wieder wie ehmals am Fenster –
Der Mond ging auf, belebend und labend –
Wir aber waren wie zwei Gespenster.
 
Zwölf Jahre schwanden, seitdem wir beisammen
Zum letztenmale hier gesessen;
Die zärtlichen Gluthen, die großen Flammen,
Sie waren erloschen unterdessen.
 
Einsilbig saß ich. Die Plaudertasche,
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Das Weib hingegen schürte beständig
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Herum in der alten Liebesasche.
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Jedoch kein Fünkchen ward wieder lebendig.
 
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Und sie erzählte: wie sie die bösen
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Gedanken bekämpft, eine lange Geschichte,
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Wie wackelig schon ihre Tugend gewesen –
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Ich machte dazu ein dummes Gesichte.
 
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Als ich nach Hause ritt, da liefen
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Die Bäume vorbei in der Mondenhelle,
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Wie Geister. Wehmüthige Stimmen riefen –
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Doch ich und die Todten, wir ritten schnelle.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Wiedersehen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
115
Entstehungsjahr
1851
Epoche
Junges Deutschland & Vormärz

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Wiedersehen“ stammt von Heinrich Heine, einem wichtigen Vertreter der deutschen Romantik und des sogenannten „Jungen Deutschland“. Geschrieben wurde es im 19. Jahrhundert, einer Zeit, in der Heines Lyrik von persönlichen Erfahrungen und gesellschaftlichen Entwicklungen stark geprägt war.

Beim ersten Lesen des Gedichts fallen bereits die wehmütige Stimmung und der dramatische Hintergrund auf. Das lyrische Ich trifft eine alte Liebe wieder und kommt dabei mit seiner Vergangenheit in Berührung.

Inhaltlich lässt sich das Gedicht folgendermaßen zusammenfassen: Das lyrische Ich erinnert sich an einer vergangenen Sommerabend, als es mit einer geliebten Person in einer Geißblattlaube saß. Jetzt treffen sie sich zwölf Jahre später wieder am selben Ort. Die Zärtlichkeit von damals ist allerdings erloschen. Während das lyrische Ich schweigsam ist, versucht die Frau, das Feuer ihrer alten Liebe erneut zu entfachen, was aber nicht gelingt. Sie erzählt von ihren Begegnungen mit schlechten Gedanken und ihrem Kampf dagegen. Das lyrische Ich reagiert darauf eher abweisend. Auf dem Heimweg hört das lyrische Ich wehmütige Stimmen, reitet aber schnell weiter.

Die Form und Sprache des Gedichts sind typisch für Heine. Er verwendet einen klaren, einfachen und direkten Stil, der es dem Leser ermöglicht, sich leicht in das lyrische Ich hineinzuversetzen. Jede Strophe besteht aus vier Versen, was der melancholischen Stimmung eine gewisse Struktur und Stabilität verleiht. Zudem zeichnet sich das Gedicht durch eine anschauliche Symbolik aus. Die Handlung spielt in einer Geißblattlaube, einem Ort der Romantik und Schönheit, wo der Versuch, eine erloschene Liebe wieder zu entfachen, zum Scheitern verurteilt ist. Der Vollmond, der aufgeht, steht für Erneuerung und Wiedergeburt, während die Gespenster und die wehmütigen Stimmen den Tod und die Vergänglichkeit symbolisieren. Der schnelle Ritt des lyrischen Ichs weg von diesen wehmütigen Stimmen deutet darauf hin, dass es sich von seiner Vergangenheit zu distanzieren versucht.

Die sprachlichen Mittel, die Heine einsetzt, wie Alliterationen („Die zärtlichen Gluthen, die großen Flammen“), Metaphern („Das Weib hingegen schürte beständig Herum in der alten Liebesasche“) und Personifikationen („Die Bäume vorbei in der Mondenhelle, Wie Geister. Wehmüthige Stimmen riefen“), tragen zur lebendigen Schilderung der Stimmung bei und lassen das Gedicht sehr bildhaft und berührend wirken.

Die Botschaft des Gedichts lässt sich als tiefe Reflektion über Vergänglichkeit und die Unvermeidlichkeit des Wandels interpretieren. Es zeigt die Unmöglichkeit, die Vergangenheit zurückzuholen und die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, loszulassen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Wiedersehen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Heine. Geboren wurde Heine im Jahr 1797 in Düsseldorf. 1851 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Hamburg. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Junges Deutschland & Vormärz zu. Bei dem Schriftsteller Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 115 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Der Dichter Heinrich Heine ist auch der Autor für Gedichte wie „Ach, ich sehne mich nach Thränen“, „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“ und „Ahnung“. Zum Autor des Gedichtes „Wiedersehen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 535 Gedichte veröffentlicht.

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