Wenn eena jeborn wird von Kurt Tucholsky
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Nu liechste da, du kleene Kröte! |
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Siehst aus wie ne jebadte Maus. |
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Na laß man, do – der olle Joethe, |
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der sah als Kind nich scheena aus. |
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Und hier – ick bring da ooch wat mit! |
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Tittittittittitt –! |
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Die Neese haste ja von Vatan. |
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Det Mäulchen, wo de dir drin wühlst, |
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da sachste denn den Jrang im Schkat an. |
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Wolln hoffen, dette bessa spielst |
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als wie der Olle, dein Papa! |
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Allallallalla –! |
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Un seh mah! Hast ja richtich Haare! |
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Die hat dir Mutta mitjejehm. |
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Du, Mensch, det is ne wunderbare |
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un liebe Frau – nur etwas unbequem. |
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Dein Olla, der macht vor ihr Kusch … |
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Puschpuschpuschpuschpusch –! |
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Sieht man dir durch de Neese schnauhm |
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un wie du mit die Beenchen tanzt –: |
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denn sollte man det jahnich jlauhm, |
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wie jemeine du mal wern kannst. |
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Wa –? |
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Ach, Menschenskind, ick wer da sahrn: |
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Schlach du nach Vatan! Hör ma an! |
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Du kannst ja ooch nach andre schlahrn … |
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Na, wirste denn als junga Mann |
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jenau so dof wie Onkel Fritz? |
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Zizzizzizzizzizz –? |
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Da liechste nu in deine Wieje |
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un fängst noch mah von vorne an. |
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Na, Mensch, ob ick mah Kinda krieje? |
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Man jloobt ja imma wieda dran. |
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Du machst dir nu die Windeln voll |
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und weeßt nich, wat det heißen soll, |
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wenn eena dir mit Puda fecht, |
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dir abwischt un dir trocken lecht … |
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Denn loofste rum, |
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klug oda dumm … |
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Un machst den janzen Lebensskandal |
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alles nochmal, alles nochmal –! |
Details zum Gedicht „Wenn eena jeborn wird“
Kurt Tucholsky
6
41
227
1932
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur
Gedicht-Analyse
Das Gedicht wurde von Kurt Tucholsky geschrieben, einem deutschen Journalisten und Schriftsteller, der von 1890 bis 1935 lebte. Tucholsky gehört zur Literatur der Weimarer Republik und ist bekannt für seine satirischen und gesellschaftskritischen Gedichte und Texte.
Das Gedicht „Wenn eena jeborn wird“ erzeugt auf den ersten Blick den Eindruck eines informellen, volksnahen Texts. Es wird auf eine liebevolle und humorvolle Weise ein Neugeborenes betrachtet, dessen Aussehen und Verhalten kommentiert wird. Tucholsky nutzt die Berliner Mundart, was dem Inhalt Lebendigkeit und Authentizität verleiht.
Das Gedicht handelt von der Geburt und den ersten Lebensmomenten eines Kindes aus der Perspektive des lyrischen Ichs. Es weist auf die Ähnlichkeiten hin, die das Baby mit seinen Eltern teilt und umrahmt dies mit liebevollen und humorvollen Kommentaren und Geräuschen. Gleichzeitig wird jedoch auch eine gewisse Besorgnis über die Zukunft des Kindes und die Möglichkeit, dass es die negativen Eigenschaften seiner Eltern erbt, zum Ausdruck gebracht. Das lyrische Ich reflektiert die Wiederholung des Lebenszyklus und die Unschuld und Unwissenheit, mit der ein neues Leben beginnt.
Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl, vor allem aber sechs und fünf Versen, die einem unregelmäßigen Reimschema folgen. Eine Besonderheit stellt die Sprache des Gedichts dar: Es ist in Berliner Mundart verfasst, was es einerseits authentisch und volksnah klingen lässt, andererseits aber auch eine gehörige Portion Humor und Leichtigkeit verleiht.
Insgesamt ist das Gedicht Ausdruck von Tucholskys Gesellschaftskritik und seinem Humor, wobei er das Individuelle und das Allgemeine, die Freude und Sorge um das neue Leben gleichermaßen berücksichtigt.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Wenn eena jeborn wird“ des Autors Kurt Tucholsky. 1890 wurde Tucholsky in Berlin geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1932. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zuordnen. Bei Tucholsky handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.
Inhaltlich wurden in der Literatur der Weimarer Republik häufig die Ereignisse des Ersten Weltkriegs verarbeitet. Die geschichtlichen Einflüsse des Ersten Weltkrieges und der späteren Weimarer Republik sind die prägenden Faktoren dieser Epoche. Die Neue Sachlichkeit in der Literatur der Weimarer Republik ist von distanzierter Betrachtung der Welt und Nüchternheit gekennzeichnet und politisch geprägt. Es wurde eine alltägliche Sprache verwendet um mit den Texten so viele Menschen wie möglich anzusprechen. Viele Schriftsteller litten unter der Zensur in der Weimarer Republik. Im Jahr 1922 wurde nach einem Attentat auf den Reichsaußenminister das Republikschutzgesetz erlassen, das die zunächst verfassungsmäßig garantierte Freiheit von Wort und Schrift in der Weimarer Republik deutlich einschränkte. In der Praxis wurde dieses Gesetz allerdings nur gegen linke Autoren angewandt. Aber gerade die rechts gerichteten Schriftsteller waren es häufig, die in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Die Grenzen der Zensur wurden 1926 durch das sogenannte Schund- und Schmutzgesetz nochmals verstärkt. Die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen wurden durch die Pressenotverordnung im Jahr 1931 ermöglicht.
Im Laufe der Geschichte gab es immer wieder Autoren, die ins Exil gehen, also ihr Heimatland verlassen mussten. Dies geschah insbesondere zu Zeiten des Nationalsozialismus. Die Exilliteratur geht aus diesem Umstand hervor. Der Ausgangspunkt der Exilbewegung Deutschlands war der Tag der Bücherverbrennung am 30. Mai 1933. Die Exilliteratur der Literaturgeschichte Deutschlands bildet eine eigene Literaturepoche und folgt auf die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik. Themen wie Verlust der eigenen Kultur, existenzielle Probleme, Sehnsucht nach der Heimat oder Widerstand gegen das nationalsozialistische Deutschland sind typisch für diese Epoche der Literatur. Bestimmte formale Merkmale lassen sich jedoch nicht finden. Die Exilliteratur weist häufig einen Pluralismus der Stile (Expressionismus, Realismus), eine kritische Betrachtung der Wirklichkeit und eine Distanz zwischen Werk und Leser oder Publikum auf. Sie hat häufig die Absicht zur Aufklärung und möchte Gesellschaftsentwicklungen aufzeigen (wandelnder Mensch, Abhängigkeit von der Gesellschaft).
Das 227 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 41 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere Werke des Dichters Kurt Tucholsky sind „An einen garnisondienstfähigen Dichter“, „An ihren Papa“ und „Apage, Josephine, apage–!“. Zum Autor des Gedichtes „Wenn eena jeborn wird“ haben wir auf abi-pur.de weitere 136 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Kurt Tucholsky sind auf abi-pur.de 136 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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