Weltverkehr von Joachim Ringelnatz

Horch! Eine Stimme aus dem Radio rief:
„Ich bin der unbekannte Fisch Plattunde.
Ich lebe auf dem Meeresgrunde
So schätzungsweise fünfzehntausend Meter tief.
Ihr Menschen hört, ich möchte gar zu gern
Einmal den Flieger Udet kennenlern.“
 
In einer Höhe von genau zwölftausend
Elfhundert Metern durch die Lüfte sausend,
Erwiderte Herr Udet so:
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„Mein lieber, unbekannter Fisch im Meere,
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Ich habe Ihren Wunsch vernommen.
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Auch ich ersehne ein Zusammenkommen.
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Auf meiner Seite wäre ja die Ehre.
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Bestimmen Sie per Radio
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Nur bitte wann? Und wie? Und wo?“
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Kaum war dies Zwiegespräch gesprochen,
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So ward das Meeresspiegelglas
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Von einem kleinen Fisch durchbrochen,
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Der eine Fliege schnappte und sie fraß.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Weltverkehr“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht „Weltverkehr“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem bekannten deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkte.

Beim ersten Lesen mag das Gedicht amüsant erscheinen. Es scheint, als ob es die unglaubliche und oft komische Vorstellung von der Möglichkeit eines Verkehrs zwischen einer Tiefseefisch und einem menschlichen Flieger heraufbeschwört. Auch der trockene Humor und die absurde Situationskomik sind typisch für das Werk von Ringelnatz.

Das Gedicht handelt von einer absurden Unterhaltung zwischen dem „unbekannten Fisch Plattunde“, der in der Tiefsee lebt, und dem Flieger Udet, einem menschlichen Flieger, der hoch in den Lüften fliegt. Der Fisch drückt seinen Wunsch aus, die Erfahrung des Fliegens zu verstehen, indem er den Flieger Udet trifft, und Udet ist auch offen für diese Begegnung. Doch noch bevor sie sich treffen können, endet das Gedicht mit einer kurzen Szene, in der ein anderer kleiner Fisch aus dem Wasser springt und eine Fliege frisst.

Inhaltlich könnte man die Aussage des Gedichts als eine Art Kritik an der modernen Kommunikationstechnologie interpretieren. Obwohl Radio und Flugzeuge die Menschen näher zusammenbringen und die Distanz zwischen ihnen überwinden, versteht man oft immer noch nicht die Wahrnehmungen und Erfahrungen des anderen.

Die Form des Gedichts ist auch bemerkenswert. Die Verse sind in Reimen organisiert, was eher traditionell ist und dem Gedicht einen rhythmischen Fluss verleiht, der seine humorvolle Stimmung unterstützt. Andererseits reflektiert die Verwendung von moderner Technologie (Radio, Flugzeug) in der Sprache des Gedichts den zeitlichen Kontext, in dem es geschrieben wurde, nämlich das frühe 20. Jahrhundert, eine Ära der rasanten technologischen Fortschritte. Der absurde Humor und die schnelle dramatische Wendung am Ende betonen die Unvorhersehbarkeit und das Chaos der modernen Welt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Weltverkehr“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1928 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 107 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 19 Versen. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Zum Autor des Gedichtes „Weltverkehr“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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