Auf dem Baaker Berge von Heinrich Kämpchen

Mir ist als hört’ ich längst verscholl’nen Gruß,
Als wollt’ es sich mit Raunen an mich schmiegen –
Hier, wo ich steh’, stand einst des Römers Fuß,
Hier ließ er seine Adler fliegen. –
Von dieser Höh’ hat er hinabgespäh’t
Zur Ruhr und in die Brukt’rer Gaue –
Noch hat die Zeit die Spuren nicht verweht
Auf diesem Berg von seinem Baue. –
 
Noch seh’ ich dort den aufgeworf’nen Wall,
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Längst ist die Pflugschar drüber hingegangen
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Und aufgewühlt hat sie von Fall zu Fall
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Das Kurzschwert, das die Römer schwangen. –
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Dazu den breiten, rostzerfress’nen Schild
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Mit tiefen, wuchtig eingehau’nen Kerben –
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Die deutsche Streitaxt traf ihn hart und wild
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Und schlug das Römerglück in Scherben. –
 
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Hart war der Kampf – die Wallburg fest gefügt –
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Und hinter ihr nur schlachtgewohnte Streiter –
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Kein Schwerthieb fehlet und kein Speerwurf trügt,
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Mann gegen Mann – so rang es weiter. –
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Die Wallburg fiel, wie stark sie auch getürmt,
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Das Pfahlwerk sank, bedeckt von Römerleichen –
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Als Brukt’rer und Sigamberer gestürmt,
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Da mußten die Kohorten weichen. –
 
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Da scholl vom Schlachtgesange Odins Hain,
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Da sauste Donars wucht’ger Hammer nieder,
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Der Schrecken fuhr den Römern in’s Gebein,
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Nur wen’ge sah’n die Heimat wieder. –
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Und Freudenfeuer sagten Nord und Süd:
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Vernichtet sind die räuberischen Horden! –
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Und Opferbrände haben hier gesprüht
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Und Menschen sind geopfert worden. –
 
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Ja, heilig, heilig ist ringsum der Grund,
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Doch blutgedünget auch die braune Erde –
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Hier, wo die alte Römerburg einst stund,
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Die trutzige dem deutschen Herde. –
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Noch zeigt der Berg bis jetzt den kahlen Schopf,
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Der unten tief im Eichwald sich verlieret –
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Wie gut, daß noch kein überwitz’ger Kopf
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Mit einem Denkmal ihn gezieret. –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Auf dem Baaker Berge“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
273
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Auf dem Baaker Berge“ stammt von Heinrich Kämpchen, einem deutschen Dichter, der von 1847 bis 1912 lebte. Somit ist das Gedicht zeitlich der Epoche des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts zuzuordnen.

Schon beim ersten Lesen wird klar, das Gedicht beschäftigt sich mit historischen Ereignissen, insbesondere der Geschichte der Römer in Deutschland. Durch die bildhafte Darstellung erzeugt Kämpchen einen sehr lebendigen Eindruck dieser vergangenen Zeit.

Das Gedicht handelt vom Baaker Berg, einem Ort, an dem einst ein römisches Flottenlager stand. Das lyrische Ich fühlt sich im Hier und Jetzt an diese längst vergangene Epoche erinnert. Mit Hilfe dieser historischen Referenzen spürt es eine tiefe Verbindung zur Vergangenheit, und diese Verbindungen sind trotz der Zeit und der Veränderungen noch immer spürbar. Das lyrische Ich reflektiert das furchtbare Schlachten, das hier stattfand, die Stärke und Hartnäckigkeit der Kämpfer und die Schlussfolgerung, dass Menschen geopfert wurden. Der Kontext erzeugt eine Stimmung von Ehrfurcht und Bewunderung für die Vergangenheit, die gleichzeitig von der Brutalität des Krieges geprägt ist.

Das Gedicht ist im traditionellen deutschen Reim- und Rhythmusstil verfasst. Jede Strophe besteht aus acht Versen, wobei das Reimschema abab und die Metrik überwiegend jambisch ist. Durch eine einfache und doch bildhafte Sprache gelingt es Kämpchen, eine Spannung zwischen der Grausamkeit der vergangenen Ereignisse und der Ruhe und Schönheit der gegenwärtigen Landschaft zu erzeugen. Die Verwendung von Vergangenheitsformen und Präsens, die Gleichsetzung des Historischen und des Kontemporären, unterstreicht die allgegenwärtige Präsenz der Vergangenheit.

In seiner Darstellung der Vergangenheit, die er als zugleich heilig und blutgetränkt beschreibt, betont das lyrische Ich die Widersprüchlichkeit der Geschichte: Auf der einen Seite standen der Stolz und die Stärke einer alten Zivilisation, auf der anderen Seite stand die menschliche Opferung und Gewalt, die ihrer Errichtung zugrunde lag. Das lyrische Ich weist zudem darauf hin, dass trotz der historischen Bedeutung des Ortes keine Denkmäler errichtet wurden - ein indirekter kritischer Kommentar zur zeitgenössischen Kultur und deren Umgang mit der Geschichte.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Auf dem Baaker Berge“ ein nachdenkliches und kraftvolles Gedicht ist, in dem Heinrich Kämpchen sowohl die historische Bedeutung, als auch die menschliche Tragödie des Ortes kunstvoll einfängt und somit zur Reflexion über Vergangenheit und Gegenwart anregt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Auf dem Baaker Berge“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Heinrich Kämpchen. Kämpchen wurde im Jahr 1847 in Altendorf an der Ruhr geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1909. Der Erscheinungsort ist Bochum. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 273 Worte. Die Gedichte „Am Grabe der Mutter“, „Am Kochbrunnen in Wiesbaden“ und „Am Marienbrönnlein“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Kämpchen. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Auf dem Baaker Berge“ weitere 165 Gedichte vor.

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