Vormorgens von Paul Boldt

Schneeflocken klettern an den Fensterscheiben,
Auf meinem Schreibtisch schläft der Lampenschein,
Und hingestreute Bogen, weiß und rein,
Ich wollte wohl etwas von Versen schreiben.
 
Der Tag ist nah. Die Jalousien schurr’n,
Die letzten Sterne torkeln von den Posten.
Der Tag ist nah, den unbesternten Osten
Bevölkern Morgenwinde schon purpurn.
 
Und mich bewachsen Abende, beschatten
10 
Die Jahre! O ich dunkle ein.
11 
Das Gas singt in den Gassen Litanein,
12 
Daß meine Augen so sehr früh ermatten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Vormorgens“

Autor
Paul Boldt
Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
75
Entstehungsjahr
1914
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht, das uns hier vorliegt, stammt von Paul Boldt (* 31. Dezember 1885, † 16. März 1921). Der deutsch-jüdische Autor arbeitete hauptsächlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wobei er sich zeitlich in der Epoche der literarischen Moderne bewegt. Dies zeigt sich auch in seinen Texten, die häufig typische Merkmale dieser Epoche aufweisen.

Im Gedicht „Vormorgens“ tritt uns eine ruhige, kontemplative Atmosphäre entgegen. Es evoziert ein Bild des Stillstands kurz vor Anbruch des Tages. Die dichterische Sprache, die Bildlichkeit der Verse und deren vielschichtige Bedeutungsebenen laden zum genauen Hinschauen und zum Nachdenken ein.

Der Inhalt des Gedichts wird durch das lyrische Ich vermittelt, das seine eigenen Empfindungen und Gedanken mitteilt. Es widmet sich in einem frühen Morgenmoment dem Schreiben, während es gleichzeitig einen neuen Tag begrüßt. Die Szene spielt sich in einem Raum ab, der durch Elemente wie Schreibtisch, Lampenschein, Fenster und Jalousien definiert ist. Hingegen ist die äußere Welt ebenso präsent, wie durch die Beschreibungen von Morgenwinden, Sternen und Schneeflocken deutlich wird. In den Versen spürt man eine melancholische Stimmung, eine tiefe Reflexion über die Zeit, die vergeht.

In Bezug auf Form und Sprache des Gedichts zeigt sich, dass das Gedicht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen besteht. Seine sprachliche Gestaltung ist geprägt durch eine reiche und bildhafte Metaphorik. Die Dynamik der äußeren Naturszene steht in Kontrast zur statischen Innenszene. Der Autor spielt auch mit der Doppeldeutigkeit der Worte, um seine lyrische Aussage zu verstärken. So kann zum Beispiel das „dunkel ein“ in der zehnten Zeile sowohl das langsame Eintreten der Dunkelheit als auch das zunehmende In-sich-versinken des lyrischen Ichs bedeuten. Diese Form und Sprache tragen dazu bei, die Stimmung und die Aussage des Gedichts zu untermalen.

Weitere Informationen

Paul Boldt ist der Autor des Gedichtes „Vormorgens“. Boldt wurde im Jahr 1885 in Christfelde bei Preußisch-Friedland (Westpreußen) geboren. Im Jahr 1914 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das 75 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke des Dichters Paul Boldt sind „Adieu Mädchenlachen!“, „Andere Jüdin“ und „Berlin“. Zum Autor des Gedichtes „Vormorgens“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 49 Gedichte vor.

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