Vorfrühling von Hugo von Hofmannsthal
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Es läuft der Frühlingswind |
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Durch kahle Alleen, |
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Seltsame Dinge sind |
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In seinem Wehn. |
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Er hat sich gewiegt, |
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Wo Weinen war, |
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Und hat sich geschmiegt |
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In zerrüttetes Haar. |
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Er schüttelte nieder |
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Akazienblüten |
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Und kühlte die Glieder, |
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Die atmend glühten. |
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Lippen im Lachen |
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Hat er berührt, |
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Die weichen und wachen |
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Fluren durchspürt. |
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Er glitt durch die Flöte |
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Als schluchzender Schrei, |
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An dämmernder Röte |
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Flog er vorbei. |
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Er flog mit Schweigen |
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Durch flüsternde Zimmer |
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Und löschte im Neigen |
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Der Ampel Schimmer. |
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Es läuft der Frühlingswind |
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Durch kahle Alleen, |
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Seltsame Dinge sind |
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In seinem Wehn. |
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Durch die glatten |
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Kahlen Alleen |
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Treibt sein Wehn |
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Blasse Schatten. |
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Und den Duft, |
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Den er gebracht, |
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Von wo er gekommen |
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Seit gestern nacht. |
Details zum Gedicht „Vorfrühling“
Hugo von Hofmannsthal
9
36
114
1892
Moderne
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts „Vorfrühling“ ist Hugo von Hofmannsthal, ein österreichischer Schriftsteller, der in der Zeit von 1874 bis 1929 lebte. Hofmannsthal zählt zu den wichtigsten Vertretern des Symbolismus und der Wiener Moderne.
Auf den ersten Eindruck ist das Gedicht von einer leichten und doch melancholischen Stimmung geprägt. Der Frühlingswind, der durch kahle Alleen weht, wird zur zentralen Metapher. Er scheint als aktiver Akteur aufzutreten und die Umwelt zu beeinflussen – er weht durch kahle Alleen, schmiegt sich ins zerrüttete Haar, berührt die lachenden Lippen, und löschte den Schimmer der Ampel.
Inhaltlich beschreibt das Gedicht den Beginn des Frühlings, das Erwachen der Natur, doch gleichzeitig auch eine gewisse Wehmut und Einsamkeit. Es ist die Zeit des Umbruchs, des Neuanfangs, aber auch der Ungewissheit und Veränderung.
Das lyrische Ich scheint diese Atmosphäre des beginnenden Frühlings wahrzunehmen und zu reflektieren. Der Wind, mit all seinen Interaktionen und Effekten, könnte als Metapher für das Leben selbst verstanden werden. Er bringt Veränderung, Bewegung, er erlebt Freude (Lippen im Lachen) und Trauer (wo Weinen war), er ist unbeständig und unberechenbar.
Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch seine klare und bildreiche Ausdrucksweise aus. Es bedient sich einfacher, prägnanter Worte und schafft es dennoch, eine intensive, emotionale Atmosphäre zu erzeugen. Zudem ist es in einer symmetrischen Versform gehalten, ein typisches Merkmal der Gedichte Hofmannsthals.
Die Form des Gedichts besteht aus neun Vierzeilern, die hauptsächlich aus Kreuzreimen bestehen. Dadurch ergibt sich ein ruhiger, fließender Rhythmus, der den Inhalt des Gedichts unterstreicht und widerspiegelt.
Das Gedicht ist stark durch den Symbolismus beeinflusst, einer künstlerischen Strömung, die das Subjektive, das Traumhafte und das Emotionale betont. Diese Einflüsse lassen sich auch im Gedicht „Vorfrühling“ wiederfinden, das ebenso die eindrücklichen Bilder und die Stimmung in den Mittelpunkt stellt. Im Symbol des Frühlingswinds finden sich sowohl die Freude am Neubeginn als auch die Melancholie des Vergänglichen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Vorfrühling“ des Autors Hugo von Hofmannsthal. Der Autor Hugo von Hofmannsthal wurde 1874 in Wien geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1892 entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 114 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Hugo von Hofmannsthal ist auch der Autor für Gedichte wie „Dein Antlitz...“, „Der Jüngling in der Landshaft“ und „Der Kaiser von China spricht“. Zum Autor des Gedichtes „Vorfrühling“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 40 Gedichte vor.
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Zum Autor Hugo von Hofmannsthal sind auf abi-pur.de 40 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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