Von einem, dem alles danebenging von Joachim Ringelnatz

Ich war aus dem Kriege entlassen,
Da ging ich einst weinend bei Nacht,
Weinend durch die Gassen.
Denn ich hatte in die Hosen gemacht.
 
Und ich habe nur die eine
Und niemanden, wo sie reine
Macht oder mich verlacht.
 
Und ich war mit meiner Wirtin der Quer.
Und ich irrte die ganze Nacht umher,
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Innerlich alles voll Sorgen.
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Und sie hätten vielleicht mich am Morgen
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Als Leiche herausgefischt.
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Aber weil doch der Morgen
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Alles Leid trocknet und alle Tränen verwischt – –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Von einem, dem alles danebenging“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
80
Entstehungsjahr
1923
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Von einem, dem alles danebenging“ und wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Dies lässt das Werk in die Epoche der Weimarer Republik einordnen, eine Zeit politischer Unsicherheit und sozialer Umwälzungen in Deutschland.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht humorvoll, allerdings mit einem Hauch von Tragik und Rücksichtslosigkeit. Mit der Offenheit, in der der Protagonist über sein Missgeschick spricht, lässt Ringelnatz den Leser schmunzeln, doch zugleich zeigt er die ernsthafte Seite der gewählten Thematik.

Der Inhalt lässt sich vereinfacht so zusammenfassen: Das lyrische Ich schildert eine peinliche Situation, in der es, gerade aus dem Krieg entlassen, nachts durch die Stadt irrt und dabei in die Hosen macht. Es hat nur ein Paar Hosen und niemanden, der sie reinigt oder sich über die Situation lustig macht. Weiterhin ist es in Konflikt mit seiner Wirtin und verbringt die Nacht umherirrend und voller Sorgen. Es stellt sich vor, am nächsten Morgen tot aufgefunden zu werden. Doch am Ende stellt es fest, dass der Morgen jedes Leid und alle Tränen löscht.

Mit dieser Geschichte scheint Ringelnatz die tiefe Verzweiflung und Einsamkeit des lyrischen Ichs sowie seinen Wunsch nach Vergebung und Trost auszudrücken. Es spiegelt das Dilemma vieler Kriegsrückkehrer wider, die mit ihren traumatischen Erlebnissen und der Schwierigkeit, wieder in das zivile Leben einzusteigen, konfrontiert sind.

In Bezug auf die Form lässt sich festhalten, dass das Gedicht aus drei Strophen besteht. Die erste und zweite Strophe haben jeweils ein regelmäßiges Versmaß, während die dritte Strophe unregelmäßig ist, was die Unruhe und Verzweiflung des lyrischen Ichs unterstreicht. Die Sprache ist alltäglich und unprätentiös, was zum humorvollen Ton des Gedichts beiträgt, sogar wenn es um ernste Themen geht. Die einprägsamen Wiederholungen und der Gebrauch von Reimen lassen das Gedicht melodisch und leicht fließend erscheinen.

Zusammenfassend handelt es sich bei „Von einem, dem alles danebenging“ um ein Gedicht, das auf humorvolle Weise die schweren Themen Verzweiflung, Einsamkeit und Trauma behandelt und gleichzeitig die Hoffnung auf Erlösung und Wiederherstellung ausdrückt. Ringelnatz' Werk ist daher sowohl unterhaltsam als auch tiefgründig und bietet einen Einblick in die Gefühlswelt eines Kriegsrückkehrers.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Von einem, dem alles danebenging“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Im Jahr 1923 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 80 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abendgebet einer erkälteten Negerin“, „Abermals in Zwickau“ und „Abgesehen von der Profitlüge“. Zum Autor des Gedichtes „Von einem, dem alles danebenging“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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