Von den Fontänen von Rainer Maria Rilke
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Auf einmal weiß ich viel von den Fontänen, |
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den unbegreiflichen Bäumen aus Glas. |
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Ich könnte reden wie von eignen Thränen, |
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die ich, ergriffen von sehr großen Träumen, |
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einmal vergeudete und dann vergaß. |
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Vergaß ich denn, daß Himmel Hände reichen |
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zu vielen Dingen und in das Gedränge? |
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Sah ich nicht immer Großheit ohnegleichen |
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im Aufstieg alter Parke vor den weichen |
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erwartungsvollen Abenden, – in bleichen |
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aus fremden Mädchen steigenden Gesängen, |
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die überfließen aus der Melodie |
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und wirklich werden und als müßten sie |
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sich spiegeln in den aufgethanen Teichen? |
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Ich muß mich nur erinnern an das alles, |
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was an Fontänen und an mir geschah, – |
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dann fühl ich auch die Last des Niederfalles |
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in welcher ich die Wasser wiedersah: |
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Und weiß von Zweigen, die sich abwärts wandten, |
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von Stimmen, die mit kleiner Flamme brannten, |
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von Teichen, welche nur die Uferkanten |
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schwachsinnig und verschoben wiederholten, |
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von Abendhimmeln, welche von verkohlten |
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westlichen Wäldern ganz entfremdet traten, |
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sich anders wölbten, dunkelten und thaten |
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als wär das nicht die Welt, die sie gemeint … |
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Vergaß ich denn, daß Stern bei Stern versteint |
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und sich verschließt gegen die Nachbargloben? |
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Daß sich die Welten nur noch wie verweint |
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im Raum erkennen? – Vielleicht sind wir oben, |
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in Himmel andrer Wesen eingewoben, |
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die zu uns aufschaun abends. Vielleicht loben |
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uns ihre Dichter. Vielleicht beten viele |
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zu uns empor. Vielleicht sind wir die Ziele |
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von fremden Flüchen, die uns nie erreichen, |
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Nachbaren eines Gottes, den sie meinen |
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in unsrer Höhe, wenn sie einsam weinen, |
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an den sie glauben und den sie verlieren, |
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und dessen Bildnis, wie ein Schein aus ihren |
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suchenden Lampen, flüchtig und verweht, |
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über unsere zerstreuten Gesichter geht … |
Details zum Gedicht „Von den Fontänen“
Rainer Maria Rilke
3
41
266
1906
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Von den Fontänen“ stammt vom Autor Rainer Maria Rilke, einem bedeutenden Schriftsteller und Lyriker der literarischen Moderne um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Beim Lesen hinterlässt das Gedicht einen unmittelbaren Eindruck von Nostalgie, Träumerei und Reflektion. Es scheint als sei das lyrische Ich in eine introspektive Stimmung versetzt, in der die Welt um es herum in einer fast fantastischen und zerbrechlichen Weise dargestellt wird.
Inhaltlich greift das Gedicht vor allem Themen wie Erinnerung und Vergessenheit auf. Es kontrastiert tiefgreifende Emotionen und Erfahrungen mit der Flüchtigkeit des Augenblicks. Das lyrische Ich spricht von Momenten, in denen es von starken Träumen bewegt war, die aber später vergessen wurden. Es erinnert sich an die Großartigkeit der Welt um es herum, insbesondere an die Schönheit von Parks und Gesängen, zu denen es jedoch distanziert erscheint. Im weiteren Verlauf spricht es von der Einsamkeit und der unendlichen Komplexität des Universums, was den Gedanken an die eigene Bedeutungslosigkeit und Vergänglichkeit hervorruft.
Formal spiegelt das Gedicht seinen Inhalt wider. Die Strophenlängen variieren stark und passen sich an die sich ändernden Bilder und Empfindungen des lyrischen Ichs an. Die Sprache ist metaphorisch und bildlich, was das traumhafte und introspektive Thema unterstreicht.
Insgesamt handelt es sich bei „Von den Fontänen“ um ein tiefgründiges Gedicht, das persönliche Emotionen und existenzielle Fragen auf eine ansprechende und emotive Weise ausdrückt. Es stellt eine Reflexion über die Flüchtigkeit und Vergänglichkeit der eigenen Erfahrungen und Emotionen dar vor dem Hintergrund des unendlichen und unbekannten Universums. Es zeigt, wie das lyrische Ich, obwohl es sich nach Verbindung und Bedeutung sehnt, letztendlich gezwungen ist, sich mit seiner eigenen Isolation und Vergänglichkeit auseinanderzusetzen.
Weitere Informationen
Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Von den Fontänen“. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. 1906 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin / Leipzig, Stuttgart. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 266 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 41 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“. Zum Autor des Gedichtes „Von den Fontänen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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