Von dem ersten Zwecke und letzten Schicksale des Bades von August Gottlieb Preuschen
1 |
in Römer, den sein Denkmal priese, |
2 |
Wenn ihn die Welt auch nicht mehr sah, |
3 |
Schuf eins, und mit ihm Paradiese, |
4 |
Als Architekt, am Abnoba. |
5 |
Hier sezt’s Hadrian in Thermen; |
6 |
Um bei altrömisch-deutschem Wein |
7 |
Sich nach vollbrachter Jagd zu wärmen, |
8 |
Und dann ein Menschenfreund zu seyn. |
|
|
9 |
Da, wo gereizte Nattern zischen, |
10 |
Wo schroffes Eis die Thäler füllt, |
11 |
Sich Bären unter Hirsche mischen, |
12 |
Der Keiler schnauzt, der Urus brüllt, |
13 |
Der Adler von Herzinens Spizen, |
14 |
Auf kleines Wildpret gierig beizt, |
15 |
Und Reiger und Fasanen sizen, |
16 |
Wird er zu solchem Bau gereizt! |
|
|
17 |
Diana soll ihm da für Haine |
18 |
Für Wasser, Feld und Auen stehn |
19 |
Und durch sie bei erhaltnem Weine |
20 |
Ein frohes Volk sich glüklich sehn, |
21 |
Mit Mutterliebe den beschüzen, |
22 |
Der ihren Schirm und Segen braucht; |
23 |
Wenn nur, ihn würdig zu benuzen, |
24 |
Ihr Opferstein in Westen raucht. |
|
|
25 |
Das Weib folgt willig gutem Rathe, |
26 |
Erhebt sein Opfer zum Altar, |
27 |
Und trozt auf sie nach einem Bade |
28 |
Beherzt der weiblichen Gefahr. a) |
29 |
Auch stehn im Duft geweihter Linden b) |
30 |
Dort Grazien die Göttin an |
31 |
Und sehn, bevor Gelübde binden, |
32 |
Gewünschtes Glük schon auf der Bahn. |
|
|
33 |
Der Jäger stößt aus finstrem Walde |
34 |
Von der bemosten Felsenkluft |
35 |
In seinem stillen Aufenhalte |
36 |
Blutathmend, Seufzer in die Luft. |
37 |
Er späht, er lauert auf die Beute, |
38 |
Die ihm zulezt sein Bogen schaft; |
39 |
Eilt dann zum Bad und trinkt für Freude, |
40 |
Zum Lob der Göttin, Rebensaft. c) |
|
|
41 |
Der keicht am Stok, der ächzt an Krüken |
42 |
Entnervt dem lauen Bade zu, |
43 |
Und sucht in Plagen, die ihn drüken, |
44 |
Auf nassen Mamorbänken Ruh. |
45 |
Die Hofnung wächst in Salbendüften, |
46 |
Und nimmt ihm Gram und Sorgen ab; |
47 |
Heilt ihn gleich in gewölbten Grüften, d) |
48 |
Sein bester Arzt, das nahe Grab. |
|
|
49 |
Poppäa buhlt auf einem Felle e) |
50 |
Bei ihr um Traum vor dem Altar. |
51 |
Zu Füssen nimmt Merkur die Stelle, f) |
52 |
Der längst ihr treuer Hausgott war. |
53 |
Doch kaum stört sie sein Traum im Schlafe, |
54 |
So wacht sie, sucht Apollens Rath, g) |
55 |
Und stürzt, vor ernster Götterstrafe |
56 |
Entsezt, sich in das nächste Bad. |
|
|
57 |
Ein Traumprophet h)fliegt schnell zum Deuten |
58 |
Zur abgehärmten Träumerin. |
59 |
Die Deutung glükt und Götterfreuden, |
60 |
Bringt ihres Traums gewünschter Sinn. |
61 |
Getrost kehrt sie den Blick zur Sonne i) |
62 |
Und opfert nun des Dankes voll, |
63 |
Im Heiligthum mit neuer Wonne |
64 |
Nächst ihrer Göttin, dem Apoll. k) |
|
|
65 |
Der Tag gräbt sie mit heitrer Mine |
66 |
Geschwind in junge Buchen ein; l) |
67 |
Giest dann ein Oelglas der Lucine |
68 |
Zum Dank, auf ihren Salbestein. m) – |
69 |
Ihr stiller Geist spricht laute Freuden, |
70 |
Beschliest ein Fest von bester Wahl, |
71 |
Und ehrt den Seher für sein Deuten |
72 |
Im Vorhof durch ein grosses Mal. n) |
|
|
73 |
Auch sieht sich bei dem Opfermale |
74 |
Korinna nach ihr ängstlich um, |
75 |
Und macht bestürzt im Göttersale |
76 |
Für sie ein Sellisternium. o) |
77 |
Tibull verehrt sie durch Gebete, |
78 |
Aemil durch seinen Talisman, |
79 |
Torquat durch dunkle Amulete, |
80 |
Und jedem glükts nach seinem Plan. |
|
|
81 |
Vermengt mit schauernden Ruinen, |
82 |
Enttrohnt sie nun die Macht der Zeit. |
83 |
Beschämt sehn Völker die ihr dienen, |
84 |
Den schönen Traum von Herrlichkeit. p) |
85 |
Und wir? – wir sehn auf Staub und weinen |
86 |
Erhabner Kunst gestörten Lauf, |
87 |
Und lesen unter Schutt und Steinen |
88 |
Noch räthselhafte Trümmern auf. |
|
|
89 |
So zierten Römer hier den stillen |
90 |
Und wasserreichen Abnoba, |
91 |
Mit Bädern Portiken und Villen! |
92 |
Und dann stand ein Theater da, |
93 |
Auf dem die Welt ihr Schauspiel hielte, |
94 |
Und mancher oft in Lust und Leid, |
95 |
Wie noch, ungleiche Rollen spielte, |
96 |
Im Drama der Vergänglichkeit. q) |
Details zum Gedicht „Von dem ersten Zwecke und letzten Schicksale des Bades“
12
96
552
1787
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichts „Von dem ersten Zwecke und letzten Schicksale des Bades“ ist August Gottlieb Preuschen, ein deutscher Dichter des 18. Jahrhunderts. Aufgrund der Lebensdaten des Autors lässt sich das Gedicht zeitlich in die Epoche der Aufklärung einordnen.
Das Gedicht vermittelt zunächst den Eindruck einer opulenten und detaillierten Darstellung der Geschichte und Funktion eines Bades in der Antike, insbesondere zur Zeit der Römer. Es stellt das Bad als einen Ort dar, der sowohl der Pflege der Körperlichkeit und der Hygiene als auch sozialer und kultureller Interaktion dient.
Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich in den ersten beiden Strophen die Errichtung eines Bades durch die Römer in der germanischen Wildnis und seinen Zweck, als Ort der Erholung und Geselligkeit nach der Jagd. In den folgenden Strophen wird das Bad und seine Umgebung anthropomorphisiert, oftmals personifiziert durch verschiedene Götter wie Diana und Apollo, was auf die Spiritualität und Religiosität des Bades hinweist. In späteren Strophen werden Episoden aus dem Leben einzelner Protagonisten erzählt, wie zum Beispiel der Jäger, der Poppaea und andere.
Formal besteht das Gedicht aus 12 Strophen, jeder mit 8 Versen - dies schafft eine rhythmisch-geordnete und gut strukturierte Darstellung, die den verschiedenen Themen und Handlungssträngen gerecht wird. Die Sprache des Gedichts zeichnet sich durch ihren archaisierenden Charakter, ihre Metaphern und Bilder und ihren erzählenden Ton aus, der dem Zuhörer eine Fülle von Informationen und Eindrücken vermittelt und ihn gleichzeitig in die Geschichte einbindet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht die Bedeutung des Bades in der Antike erforscht und darstellt, indem es seine verschiedenen Funktionen - als Ort der Pflege, Erholung, Geselligkeit und Spiritualität - hervorhebt. Es beleuchtet die Interaktion von Mensch und Natur sowie von Kultur und Religion, und zeigt, wie diese unterschiedlichen Aspekte in dem einen Ort zusammenkommen.
Weitere Informationen
August Gottlieb Preuschen ist der Autor des Gedichtes „Von dem ersten Zwecke und letzten Schicksale des Bades“. Der Autor August Gottlieb Preuschen wurde 1734 in Diethart geboren. 1787 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Frankfurt a. M.. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang oder Klassik zu. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 552 Wörter. Es baut sich aus 12 Strophen auf und besteht aus 96 Versen. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Von dem ersten Zwecke und letzten Schicksale des Bades“ keine weiteren Gedichte vor.
+ Wie analysiere ich ein Gedicht?
Freie Ausbildungsplätze in Deiner Region
besuche unsere Stellenbörse und finde mit uns Deinen Ausbildungsplatz
erfahre mehr und bewirb Dich direkt