Verwunschen von Wilhelm Busch

Geld gehört zum Ehestande,
Häßlichkeit ist keine Schande,
Liebe ist beinah absurd.
Drum, du nimmst den Junker Jochen
Innerhalb der nächsten Wochen.
Also sprach der Ritter Kurt.
 
Vater, flehte Kunigunde,
Schone meine Herzenswunde,
Ganz umsonst ist dein Bemühn.
10 
Ja, ich schwör’s bei Erd und Himmel,
11 
Niemals nehm ich diesen Lümmel,
12 
Ewig, ewig haß ich ihn.
 
13 
Nun, wenn Worte nicht mehr nützen,
14 
Dann so bleibe ewig sitzen,
15 
Marsch mit dir ins Burgverlies.
16 
Zornig sagte dies der Alte,
17 
Als er in die feuchte, kalte
18 
Kammer sie hinunterstieß.
 
19 
Jahre kamen, Jahre schwanden,
20 
Nichts im Schlosse blieb vorhanden
21 
Außer Kunigundens Geist.
22 
Dort, wo graue Ratten rasseln,
23 
Sitzt sie zwischen Kellerasseln,
24 
Von dem Feuermolch umkreist.
 
25 
Heut noch ist es nicht geheuer
26 
In dem alten Burggemäuer
27 
Um die Mitternacht herum.
28 
Wehe, ruft ein weißes Wesen.
29 
Will denn niemand mich erlösen?
30 
Doch die Wände bleiben stumm.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Verwunschen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
140
Entstehungsjahr
nach 1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Verwunschen“ wurde von Wilhelm Busch verfasst, einem deutschen Dichter und Karikaturisten des 19. Jahrhunderts. Auf den ersten Blick suggeriert das Gedicht einen düsteren und tragischen Ton, der typisch für die dramatischen Geschichten ist, die Busch oft in seinen Werken darstellt.

In Bezug auf den Inhalt behandelt das Gedicht die Geschichte eines Frauencharakters namens Kunigunde und ihres dominierenden Vaters. Der Ritter Kurt, vermutlich der Vater, besteht darauf, dass Kunigunde vorhat, den Junker Jochen zu heiraten, unabhängig von ihren Gefühlen für ihn. Kunigunde lehnt diese Behauptung vehement ab und schwört, dass sie ihn niemals heiraten wird. Infolgedessen sperrt Kurt sie als Strafe in den Kerker ihrer Burg. Jahre vergehen und alles, was von Kunigunde übrig bleibt, ist ein Geist, der in ihrer kalten, feuchten Zelle zwischen den Ratten und Asseln haust und von einem Feuermolch umgeben ist. Sie ruft um Erlösung, aber ihre Bitten werden von den stummen Schlossmauern ignoriert.

Die zentrale Botschaft des lyrischen Ichs scheint hierbei zu sein, dass Zwangsehen und die Unterdrückung der Gefühle zu großem Leid führen können. Kunigunde wird buchstäblich zu einer Geisterfigur, gefangen in einem Verlies, ein Symbol für die Unterdrückung und Einsamkeit, die sie aufgrund ihrer Ablehnung der erzwungenen Ehe fühlt.

Hinsichtlich der Form und Sprache besteht das Gedicht aus fünf Strophen mit jeweils sechs Versen, die sich durch einen direkten und erzählenden Stil auszeichnen. Trotz der düsteren Thematik verwendet Busch eine beinahe leichtfüßige, fast humorvolle Sprache, was typisch für seinen Schreibstil ist. So stellt er ernste und tragische Themen so dar, dass sie auf eine bestimmte Art zugänglich und verständlich, aber nicht weniger tragisch sind.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Verwunschen“ von Wilhelm Busch eine tragische Geschichte von Zwang und Freiheitsberaubung in der Form einer Geistergeschichte erzählt und dabei die tieferen sozialen Fragen der Unterdrückung und der autonomen Entscheidungsfreiheit anspricht.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Verwunschen“ ist Wilhelm Busch. Im Jahr 1832 wurde Busch in Wiedensahl geboren. In der Zeit von 1848 bis 1908 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Wiesbaden u. Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz, Realismus, Naturalismus oder Moderne zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 140 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 30 Versen. Wilhelm Busch ist auch der Autor für Gedichte wie „Auf Wiedersehn“, „Auf den Sonntag früh Morgen“ und „Bedächtig“. Zum Autor des Gedichtes „Verwunschen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 208 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Wilhelm Busch

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Wilhelm Busch und seinem Gedicht „Verwunschen“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Wilhelm Busch (Infos zum Autor)

Zum Autor Wilhelm Busch sind auf abi-pur.de 208 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.