Verpufftes Gewitter von Joachim Ringelnatz
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Hat mich ein Gewitter |
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Gestern so nervös gemacht. |
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Hat ein Magenbitter |
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Mich dann bös gemacht. |
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Sekt, den ich bestellte, weil |
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Ich froh werden wollte, |
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Wirkte nur ins Gegenteil. |
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Und der Donner grollte. |
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Daß ich herz- und magenkrank |
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Weiterbummelnd mich betrank. |
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Und ich weiß nur noch: |
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Eine Dame, die |
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Unterm Ärmel nach Lavendel roch, |
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Hat mich abgeküßt. — Ach und wie! |
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Und ich war vernarrt, |
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Weil sie so apart |
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Sagte, daß ich „herbstzeitlose“ sei. |
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Diese Taschendiebin |
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Griff diskret und lieb in |
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Meine Tasche dabei. |
Details zum Gedicht „Verpufftes Gewitter“
Joachim Ringelnatz
3
20
82
1932
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht, „Verpufftes Gewitter“, das wir analyisieren, stammt von dem Autor Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Dies platziert Ringelnatz' literarisches Schaffen in die Zeit um die Jahrhundertwende und die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, eine kulturell sehr turbulente Periode mit vielen Veränderungen.
Beim ersten Lesen könnte man meinen, dass dieses Gedicht vor allem eine humorvolle und leicht absurde Erzählung über eine durchzechte Nacht danach ist. Es scheint eine Art „Kater-Morgende“ Schilderung zu sein, die mit Erinnerungen an Erlebnisse und Emotionen gesprenkelt ist.
In einfachen Worten zusammengefasst, berichtet das lyrische Ich von einem Vorfall, der ihn nervös macht - ein Gewitter. Die Versuche, seine Stimmung mit Magenbitter und Sekt zu verbessern, scheitern allerdings. Im Gegenteil, er wird nur noch kranker und betrunkener, während das Gewitter weiter grollt. In seinem betrunkenen Zustand trifft er auf eine Dame, die ihn auf Grund ihrer Aura und ihrem frischen Lavendelduft verzaubert. Sie küsst ihn und nennt ihn liebenswert „herbstzeitlose“. Währenddessen bemerkt er, dass sie in seiner Tasche rumwühlt.
Die kurzen, prägnanten Sätze und die direkte, unverblümte Sprache kreieren eine Atmosphäre von Dringlichkeit und Unausweichlichkeit, die das Chaotische und Unberechenbare der Nacht widerspiegelt. Gleichzeitig erzeugt der heitere, scheinbar unbeschwerte Ton des Gedichts eine Komik und führt zu einer relativen Leichtherzigkeit, trotz der intensiven Erfahrungen des lyrischen Ichs.
Das lyrische Ich scheint in einer Art existentieller Krise zu sein, ist ratlos und wird von Unruhen geplagt (Gewitter, Schlaflosigkeit, Krankheit). Aber statt sich seinen inneren Dämonen zu stellen, versucht er, sie mit Alkohol zu betäuben und die Realität zu entkommen.
In Bezug auf die Form, besteht das Gedicht aus drei Strophen, die jeweils sieben, drei und zehn Verse enthalten. Das unregelmäßige Versschema spiegelt ebenfalls das Chaos und die Unvorhersehbarkeit der Ereignisse der Nacht sowie den inneren Zustand des lyrischen Ichs wider.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Gedicht um eine eindrucksvolle, humorvolle und gleichsam bedrückende Darstellung einer durchzechten Nacht und der dahinterliegenden existentiellen Unsicherheit und Verzweiflung des lyrischen Ichs. Dabei nutzt Ringelnatz eine klare, direkte Sprache und ein unregelmäßiges Versschema, um die Stimmung und die Ereignisse der Nacht einzufangen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Verpufftes Gewitter“ des Autors Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1932. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 82 Worte. Die Gedichte „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Verpufftes Gewitter“ weitere 560 Gedichte vor.
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Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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