Verfall von Georg Trakl
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Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten, |
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Folg ich der Vögel wundervollen Flügen, |
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Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen, |
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Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten. |
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Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten |
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Träum ich nach ihren helleren Geschicken |
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Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken. |
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So folg ich über Wolken ihren Fahrten. |
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Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern. |
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Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen. |
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Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern, |
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Indes wie blasser Kinder Todesreigen |
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Um dunkle Brunnenränder, die verwittern, |
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Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen. |
Details zum Gedicht „Verfall“
Georg Trakl
4
14
91
1913
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Verfall“ stammt von Georg Trakl, einem der bedeutendsten Lyriker der Moderne. Trakl lebte von 1887 bis 1914, seine Werke sind daher in die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts einzuordnen und stehen im Kontext der literarischen Strömungen des Expressionismus und Symbolismus.
Bei der ersten Lektüre entfaltet das Gedicht eine melancholische, nachdenkliche Atmosphäre. Der Sprecher wandelt abends durch einen Garten und beobachtet fliegende Vögel, was eine ruhige, meditative Szene schafft. Ausgehend von dieser Beobachtung folgt das lyrische Ich in seinen Gedanken den Flügen der Vögel und scheint dabei die Zeit zu vergessen.
Eine Wendung im Ton des Gedichts tritt in der dritten Strophe ein, als das lyrische Ich „von Verfall erzittert“. In der folgenden Strophe wird eine Amsel leise und traurig, Wein schwankt an rostigen Gittern – Zeichen des Verfalls und des Endes. Diese dunkle Vorahnung wird durch den letzten Vers noch verstärkt, wenn der Vergleich mit dem „blassen Kinder Todesreigen“ einen sehr düsteren und melancholischen Ton annimmt.
Formal ist das Gedicht in vier Strophen mit unterschiedlicher Anzahl an Versen gegliedert (4-4-3-3), was eine gewisse Unregelmäßigkeit und damit unter Umständen Unruhe erzeugt. Sprachlich verwendet Trakl einfache aber bildreiche Sprache und viele Vergleiche und Metaphern. Beispielsweise vergleicht er die Vögel mit frommen Pilgerzügen und beschreibt die Szene so als ruhig und harmonisch.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Trakl in „Verfall“ die Schönheit und Flüchtigkeit der Natur einfängt und zugleich auf den unausweichlichen Verfall und Tod hinweist. Dabei benutzt er eine einfache, klare Sprache und leichte, fließende Rhythmen, die den Leser in den Bann ziehen und ihn zum Nachdenken anregen.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Verfall“ des Autors Georg Trakl. Geboren wurde Trakl im Jahr 1887 in Salzburg. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1913. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Trakl ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 91 Worte. Der Dichter Georg Trakl ist auch der Autor für Gedichte wie „Die Raben“, „Die Ratten“ und „Die junge Magd“. Zum Autor des Gedichtes „Verfall“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 60 Gedichte vor.
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