Venus Perversa von Richard Dehmel

Auch vorbei; und sieben Kreuze
hinter Jede! mein Gelüst ging irr.
Aber – ich brauche tiefere Reize:
Dich: komm, liebe dich vor mir!
 
Dich nur, Dich nur: deine genossenen Blicke
und deine bittende Scham und deine treuen
Hände lieb’ich … ja, entzücke
mich mit Deinen Rasereien!
 
Oh Du! wenn die Knospen deiner müden
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Brüste unter deinen tastenden Fingern
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wieder schwellen, wie in jüngern
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Nächten … oh du, keinen Frieden
 
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ließ mir’s: meine eigenen Freuden
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sind mir Schaum, der bitter ist!
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aber Du, wenn Du so stöhnst und glühst,
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will ich mich an Deiner Wildheit weiden:
 
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wie du gleich verlassnen Bräuten
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deine Sehnsucht nach mir stilltest,
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wenn du tief in deinen Heimlichkeiten
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mit berauschten Armen wühltest –
 
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wühlst … stillst … Seele, bricht dein Blick?
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oh du: laß mich diesen Blick genießen,
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dies Verröcheln von Lippen bis zu Füßen,
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recke dich nicht so starr zurück – –
 
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Ekelt dich? Ah –: fühlst du nun auch den reifen
26 
Menschen? bist du satt der Kuhnatur?! –
27 
Und wir fliehen, wir begreifen
28 
den Triumph der Unnatur …
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.8 KB)

Details zum Gedicht „Venus Perversa“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
164
Entstehungsjahr
1893
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das gesamte Gedicht „Venus Perversa“ wurde von Richard Dehmel verfasst, einem deutschen Dichter, der von 1863 bis 1920 lebte. Dehmel gilt als ikonische Figur der deutschsprachigen Literatur um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert und gehört zur Epoche des Naturalismus und teilweise auch des Expressionismus.

Auf den ersten Blick ist das Gedicht stark erotisch, fast provokativ. Dehmel war bekannt für seine freimütige Darstellung von Sexualität, was ihm damals durchaus auch Kontroversen einbrachte. Er betont die Sinnlichkeit und leidenschaftliche Begierde, die zwischen den Personen besteht und verwendet dabei sehr explizite Beschreibungen.

Das lyrische Ich spricht seine Verlangen und Begierden gegenüber einem anderen Menschen aus, scheint jedoch zugleich auch eine gewisse Kritik oder Unzufriedenheit zu haben. Es sucht nach tieferen Reizen und scheint sowohl ekstatische Freude als auch Qual in der leidenschaftlichen Verbindung zu empfinden. Die wiederkehrenden Aufrufe an das „Du“ markieren dabei die Intensität der Gefühle und die Bedeutung der anderen Person für das lyrische Ich.

In sprachlicher und formaler Hinsicht zeichnet sich das Gedicht vor allem durch Dehmels betont freie Form aus. Es hat keine offensichtliche Gliederung in Versmaß oder Reim. Allerdings behält es eine strophische Anordnung bei, die jeweils aus vier Versen besteht. Die Sprache ist dabei charakteristisch für Dehmel, indem sie direkte, fast rohe Beschreibungen und Ausdrücke verwendet. Diese Diktion trägt zum insgesamt starken emotionalen Ausdruck bei und betont die körperliche, sinnliche Natur des Gedichts.

Die Ironie des Gedichttitels „Venus Perversa“, der sich auf die römische Göttin der Liebe bezieht, deutet darauf hin, dass Dehmel auch eine kritische Haltung einnimmt. Es scheint, dass das Gedicht eine tiefe Ambivalenz und möglicherweise sogar Kritik gegenüber der Sinnlichkeit und der menschlichen Natur ausdrückt. Dabei wird die Unnatur und das Triebhafte der menschlichen Begierde hervorgehoben. In diesem Sinn zeigt das Gedicht beispielhaft Dehmels zwei zentrale Themenfelder: Die Darstellung der Sexualität und die Auseinandersetzung mit den sozialen Normen und Konventionen seiner Zeit.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Venus Perversa“ des Autors Richard Dehmel. Geboren wurde Dehmel im Jahr 1863 in Wendisch-Hermsdorf, Mark Brandenburg. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1893. Der Erscheinungsort ist München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Dehmel ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 164 Worte. Weitere Werke des Dichters Richard Dehmel sind „Bitte“, „Büßende Liebe“ und „Chinesisches Trinklied“. Zum Autor des Gedichtes „Venus Perversa“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 522 Gedichte vor.

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