Arm Ding von Joachim Ringelnatz

Ich war erwacht und konnte den Morgen nicht grüßen.
Mich drückten Sorgen; die fanden die Menschheit so schlecht.
Ein Schmetterling saß verirrt auf dem Bettrand zu Füßen,
Hielt seine Samt-Flügel-Flächen wagerecht.
Und war so schön und so jung, wie der Morgen,
So rein, wie der Morgen vom Schöpfer gedacht.
Ich trug ihn vors Fenster. – Doch meine Sorgen
Verdämmerten wieder, was in mir erwacht.
 
Mir war Unrecht geschehn. Ich bedauerte mich,
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Empfand mein Leid, ohne daß ich verglich.
 
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Und ein trüber, gelähmter Tag verging.
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Der Abend begann, alles abzuschließen.
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Da lag vor dem Haustor auf schmutzigen Fliesen
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Ein regenzerschlagener Schmetterling. –
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Arm Ding!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Arm Ding“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
101
Entstehungsjahr
1934
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Verfasser des Gedichtes ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aktiv war. Das Gedicht kann damit in die Epoche der Moderne eingeordnet werden.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und introspektiv. Es spricht von inneren Sorgen und Leid, die das lyrische Ich bedrücken.

Der Inhalt des Gedichts lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Das lyrische Ich wacht auf und kann den Morgen aufgrund von Sorgen nicht grüßen. Es findet die Menschheit schlecht. Ein verirrter Schmetterling, der auf dem Bettrand sitzt, wird zum Symbol für Reinheit und Schönheit. Das lyrische Ich trägt ihn zum Fenster, was jedoch seine Sorgen nicht verschwinden lässt. Es hat das Gefühl, Unrecht erlebt zu haben und bedauert sich selbst. Der Tag verläuft trüb und gelähmt. Am Ende liegt ein durch Regen geschlagener Schmetterling vor der Haustür, was das lyrische Ich mit „Arm Ding!“ kommentiert.

Die Aussage des lyrischen Ichs könnte so interpretiert werden, dass es sich mit dem Schmetterling identifiziert - mit seiner Schönheit und Reinheit, aber auch mit seiner Verlorenheit und Zerbrechlichkeit. Die Tatsache, dass seine Sorgen nach dem Wegbringen des Schmetterlings zurückkehren und der Tag trüb verläuft, könnte auf eine tiefe Verzweiflung und Resignation hinweisen. Das Erscheinen des geschlagenen Schmetterlings am Ende unterstreicht diese traurige Stimmung.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts fällt auf, dass Ringelnatz einfache, präzise und klare Worte und Bilder verwendet. Die Struktur ist unregelmäßig, was das Chaos und die Verwirrung widerspiegeln könnte, die das lyrische Ich fühlt. Der wiederholte Einsatz des Schmetterlings als metaphorisches Bild verstärkt die Wirkung dieses Symbols. Alles in allem vermittelt das Gedicht eine dunkle, traurige Stimmung, die das innere Leiden des lyrischen Ichs widerspiegelt.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Arm Ding“. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. 1934 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 101 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 15 Versen. Die Gedichte „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Arm Ding“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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