Venezianischer Morgen von Rainer Maria Rilke
Richard Beer-Hofmann zugeneigt
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Fürstlich verwöhnte Fenster sehen immer, |
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was manchesmal uns zu bemühn geruht: |
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die Stadt, die immer wieder, wo ein Schimmer |
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von Himmel trifft auf ein Gefühl von Flut, |
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sich bildet, ohne irgendwann zu sein. |
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Ein jeder Morgen muß ihr die Opale |
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erst zeigen, die sie gestern trug, und Reihn |
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von Spiegelbildern ziehn aus dem Kanale |
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und sie erinnern an die andern Male: |
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dann gibt sie sich erst zu und fällt sich ein |
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wie eine Nymphe, die den Zeus empfing. |
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Das Ohrgehäng erklingt an ihrem Ohre; |
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sie aber hebt San Giorgio Maggiore |
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und lächelt lässig in das schöne Ding. |
Details zum Gedicht „Venezianischer Morgen“
Rainer Maria Rilke
3
14
97
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das gegebene Gedicht trägt den Titel „Venezianischer Morgen“ und wurde von dem berühmten österreichisch-deutschen Lyriker Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Dies platziert das Gedicht in die Zeit des Symbolismus und der beginnenden modernen Literatur am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Auf den ersten Blick kommt das Gedicht recht verträumt und bildreich daher, was typisch ist für Rilkes vieldimensionale poetische Sprache. Dabei vermittelt es eine sinnlich erfahrbare Atmosphäre und scheint das Erwachen der Stadt Venedig am Morgen zu beschreiben.
Inhaltlich thematisiert das Gedicht das tägliche Erwachen und Sich-Selbst-Finden der Stadt Venedig, die als immerwährendes Spiel von Licht und Wasser hervorgehoben wird und dabei eine eigene Personifikation erhält. Rilke verleiht Venedig Weiblichkeit und erweckt sie zum Leben, indem er verschiedene Aspekte, wie ihre prunkvollen Fenster und Kanäle, wie Schmuckstücke und Spiegelbilder, bemerkenswert beschreibt. Der „Zeus“, auf den sich Rilke bezieht, könnte als Symbol für das aufgehende Sonnenlicht interpretiert werden, das die Stadt erleuchtet und dabei ihr wahres Antlitz offenbart.
Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen unterschiedlicher Länge mit genauen Versangaben. Die Sprache ist anspruchsvoll und hochpoetisch, typisch für Rilkes lyrische Werke, mit einer reichen Bildsprache und Metaphern. Rilke verwendet detaillierte und konkrete Beschreibungen, um ein lebendiges und sinnliches Bild von Venedig zu zeichnen.
Insgesamt spricht „Venezianischer Morgen“ sowohl die sensorische Wahrnehmung an als auch tiefere emotional-philosophische Betrachtungen von Existenz und Vergänglichkeit. Der morgendliche Erneuerungsprozess der Stadt ist ein Bild für das ewige Werden und Vergehen, das immerwährende Sich-Selbst-Finden und -Entfalten im Fluss von Zeit und Raum.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Venezianischer Morgen“ ist Rainer Maria Rilke. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Das Gedicht ist im Jahr 1918 entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 97 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Die Gedichte „Allerseelen“, „Als ich die Universität bezog“ und „Am Kirchhof zu Königsaal“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Venezianischer Morgen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.
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