Vber die Geburt Jesu von Andreas Gryphius

NAcht / mehr denn lichte Nacht! Nacht / lichter als der Tag /
Nacht / heller als die Sonn’ / in der das Licht geboren /
Das Gott / der Licht / in Licht wohnhafftig / ihm erkohren:
O Nacht / die alle Nacht’ vnd Tage trotzen mag!
O freudenreiche Nacht / in welcher Ach vnd Klag /
Vnd Finsternüß / vnd was sich auff die Welt verschworen
Vnd Furcht vnd Höllen-Angst vnd Schrecken ward verlohren.
Der Himmel bricht! doch fällt numehr kein Donnerschlag.
Der Zeit vnd Nächte Schuff / ist diese Nacht ankommen!
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Vnd hat das Recht der Zeit / vnd Fleisch an sich genommen!
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Vnd unser Fleisch vnd Zeit der Ewigkeit vermacht.
12 
Der Jammer trübe Nacht / die schwartze Nacht der Sünden
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Deß Grabes Dunckelheit / muß durch die Nacht verschwinden.
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Nacht lichter als der Tag; Nacht mehr denn lichte Nacht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Vber die Geburt Jesu“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
126
Entstehungsjahr
1658
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Vber die Geburt Jesu“ wurde von Andreas Gryphius verfasst, einem der bedeutendsten Vertreter des Barock. Gryphius lebte von 1616 bis 1664, die zeitliche Einordnung des Gedichts liegt somit ebenfalls im Barock.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht voller Widersprüche und Paradoxien ist, insbesondere in Bezug auf das Motiv der „Nacht“. Es handelt sich dabei um eine Nacht, die paradoxerweise „heller als der Tag“ und „heller als die Sonne“ ist.

Inhaltlich thematisiert Gryphius die Geburt von Jesus Christus, wobei die Nacht, in der er geboren wurde, im Zentrum des Gedichts steht. Diese ist für das lyrische Ich eine Metapher für die Hoffnung und das Licht, das mit der Geburt Jesu in die Welt gekommen ist. Die Nacht wird als „freudenreich“ und stärker als alle Tage und Nächte dargestellt, in ihr lösen sich „Ach und Klag“, „Finsternis“, „Furcht“ und „Höllen-Angst“ auf. Hierin spiegelt sich die christliche Vorstellung von Erleuchtung und Erlösung wider, die mit der Geburt des Heilands einhergeht.

Die Sprache des Gedichts ist reich an Metaphern und bildhaften Ausdrücken. Die Paradoxien unterstreichen die Besonderheit und Einzigartigkeit des Ereignisses. In Form eines Sonnetts verfasst, hat der Text eine streng formale Struktur mit 14 Versen, aufgeteilt in zwei Quartette und zwei Terzette. Dazu findet sich ein durchgehender Kreuzreim.

Die Form und der bewusst altmodische Sprachstil mit archaischen Schreibweisen und Satzkonstruktionen verleihen dem Gedicht eine formale Strenge und würdevolle Ernsthaftigkeit. Diese reflektiert die tiefgreifende religiöse Bedeutung, die das lyrische Ich der Geburt Jesu beimisst. Dabei bringt das Gedicht die enorme Transformation zum Ausdruck, die diese Geburt für die Welt, repräsentiert durch das lyrische Ich, bedeutete.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Vber die Geburt Jesu“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. 1616 wurde Gryphius in Glogau geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1658. In Breßlau ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Zeitepoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis ungefähr 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei weitere Abschnitte unterteilen: Früh-, Hoch- und Spätbarock. Mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erlebte das Deutsche Reich einen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verfall. Etwa ein Drittel der Bevölkerung kam in der Zeit ums Leben. Dafür waren nicht etwa hohe Kriegsverluste verantwortlich, sondern das Wüten der Pest in nahezu allen großen und kleinen Städten des Deutschen Reiches. Die Erfahrungen mit dem Krieg und seinen dramatischen Folgen spiegeln sich in einem gegensätzlichen (antithetischen) Weltbild wider. Dies entspricht der damaligen Lebenswirklichkeit der Menschen: Das Leben der einfachen Bevölkerung war beeinflusst von Armut und Pessimismus, während an den Fürstenhöfen nach dem Vorbild des französischen Absolutismus Luxus und Verschwendung herrschten. In der Dichtung wird der Gebrauch solcher inhaltlichen Gegensätze als Antithetik bezeichnet. Unter den Literaturgattungen erlebten die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama einen Aufschwung. Während die Dichter der Renaissance vorwiegend in lateinischer Sprache, der Sprache der Wissenschaft, ihre Werke schrieben, war man nun bestrebt, sich der deutschen Sprache zu widmen. Wichtige Vertreter für die Zeit des Barocks waren beispielsweise: Martin Opitz, Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Andreas Gryphius, Christian Weise und Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 126 Worte. Die Gedichte „An die Sternen“, „An die Welt“ und „An sich Selbst“ sind weitere Werke des Autors Andreas Gryphius. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Vber die Geburt Jesu“ weitere 463 Gedichte vor.

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