Untergang der Sonne von Heinrich Heine
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Die schöne Sonne |
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Ist ruhig hinabgestiegen in’s Meer; |
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Die wogenden Wasser sind schon gefärbt |
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Von der dunkeln Nacht, |
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Nur noch die Abendröthe |
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Ueberstreut sie mit goldnen Lichtern, |
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Und die rauschende Fluthgewalt |
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Drängt an’s Ufer die weißen Wellen, |
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Die lustig und hastig hüpfen, |
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Wie wollige Lämmerheerden, |
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Die Abends der singende Hirtenjunge |
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Nach Hause treibt. |
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Wie schön ist die Sonne! |
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So sprach nach langem Schweigen der Freund, |
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Der mit mir am Strande wandelte, |
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Und scherzend halb und halb wehmüthig, |
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Versichert’ er mir: die Sonne sey |
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Eine schöne Frau, die den alten Meergott |
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Aus Convenienz geheurathet; |
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Des Tages über wandle sie freudig |
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Am hohen Himmel, purpurgeputzt, |
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Und diamantenblitzend, |
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Und allgeliebt und allbewundert |
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Von allen Weltkreaturen, |
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Und alle Weltkreaturen erfreuend |
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Mit ihres Blickes Licht und Wärme; |
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Aber des Abends, trostlos gezwungen, |
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Kehre sie wieder zurück |
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In das nasse Haus, in die öden Arme |
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Des greisen Gemahls. |
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Glaub mir’s – setzte hinzu der Freund, |
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Und lachte und seufzte und lachte wieder – |
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Die führen dort unten die zärtlichste Ehe! |
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Entweder sie schlafen oder sie zanken sich, |
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Daß hochaufbraust hier oben das Meer, |
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Und der Schiffer im Wellengeräusch es hört |
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Wie der Alte sein Weib ausschilt: |
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„Runde Metze des Weltalls! |
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Strahlenbuhlende! |
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Den ganzen Tag glühst du für Andre, |
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Und Nachts, für Mich, bist du frostig und müde!“ |
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Nach solcher Gardinenpredigt, |
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Versteht sich! bricht dann aus in Thränen |
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Die stolze Sonne und klagt ihr Elend, |
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Und klagt so jammerlang, daß der Meergott |
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Plötzlich verzweiflungsvoll aus dem Bett springt, |
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Und schnell nach der Meeresfläche heraufschwimmt, |
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Um Luft und Besinnung zu schöpfen. |
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So sah ich ihn selbst, verflossene Nacht, |
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Bis an die Brust dem Meer’ enttauchen. |
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Er trug eine Jacke von gelbem Flanell, |
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Und eine lilienweiße Schlafmütz, |
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Und ein abgewelktes Gesicht. |
Details zum Gedicht „Untergang der Sonne“
Heinrich Heine
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1825–1826
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Untergang der Sonne“ wurde von Heinrich Heine verfasst, einem bedeutenden Dichter der deutschen Romantik, der von 1797 bis 1856 lebte. Die Romantik ist eine Epoche, die von etwa 1795 bis 1848 dauerte und vor allem durch die Rückwendung zur Natur, die Betonung des Individuums und die Erkundung der Innerlichkeit gekennzeichnet ist.
Auf den ersten Blick entsteht beim Lesen des Gedichts der Eindruck einer sehr bildlichen und farbenfrohen Beschreibung des Sonnenuntergangs. Die Worte erwecken lebhaft die Vorstellung von der untergehenden Sonne, dem Meer und den wellenden Wassern vor dem inneren Auge des Lesers.
Kern des Gedichts ist das lyrische Ich, das seine Beobachtungen und Gedanken zum Sonnenuntergang sowie die fiktive Geschichte einer Unterhaltung mit einem Freund teilt. In der ersten Strophe beschreibt es die untergehende Sonne und das Spiel des Lichts auf den Wellen. In der zweiten Strophe berichtet es von einer Unterhaltung mit einem Freund, der die Sonne als eine schöne Frau charakterisiert, die gezwungen ist, jeden Abend zu ihrem ungeliebten Ehemann, dem alten Meergott, zurückzukehren. In der dritten Strophe geht die Geschichte weiter mit einer humorvollen Vorstellung davon, wie die Sonne und der Meergott als Ehepaar streiten. In der letzten Strophe endet das Gedicht mit der humorvollen Beschreibung des Meergottes.
Die Sprache des Gedichts ist sehr bildreich und poetisch, und es ist in freien Versen geschrieben, was bedeutet, dass es keinen festen Reim- oder Metrumschema gibt. Die Strophen haben unterschiedliche Längen und die Verszeilen variieren ebenfalls in der Länge. Es gibt jedoch ein durchgängiges Motiv der Sonne und des Meeres, das auf kreativ humorvolle Weise die Beziehung zwischen Sonne und Meer darstellt.
Zusammenfassend ist „Untergang der Sonne“ ein kreatives Gedicht, das anhand einer erzählenden und humorvollen Geschichte des Sonnenuntergangs die Schönheit der Natur feiert. Es ist ein Gedicht, das sowohl die ästhetische Seite der Romantik als auch den individuellen und humorvollen Geist Heines zeigt.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Untergang der Sonne“ ist Heinrich Heine. 1797 wurde Heine in Düsseldorf geboren. 1826 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Hamburg. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zuordnen. Bei Heine handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 53 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 283 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Heine sind „Almansor“, „Als ich, auf der Reise, zufällig“ und „Alte Rose“. Zum Autor des Gedichtes „Untergang der Sonne“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 535 Gedichte vor.
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