Unser Friede von Theodor Fontane

Ein Sommertag, wo man zu tiefer
Siesta sich verpflichtet hält,
Wo Mücken nur und Ungeziefer
So recht lebendig in der Welt,
Wo giftger Pesthauch auf zum Himmel
Aus stehenden Gewässern steigt,
In deren Schlamm sich das Gewimmel
Vielbeinigen Gewürmes zeigt:
 
Das ist der Friede, der uns schlimmer
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Als je ein Krieg zu werden droht,
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Als je ein Krieg, der uns noch immer
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Ein offen Feld für Thaten bot;
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Genüssler hegt jetzt unsre Jugend,
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Und Stockgelehrte allenfalls,
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Doch jeder Kraft und Männertugend
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Brach dieser Friede schon den Hals. –
 
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Doch wird die Sonn’ erst unerträglich,
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Und dörrt den Wald, und sengt die Flur,
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Da hilft sich, auf gut-sommertäglich,
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Mit einem Schlage die Natur:
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Die Donnerwolke blitzt und wettert,
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Und nimmt der Luft den giftgen Hauch,
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Und wird auch mancher Baum zerschmettert,
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In faule Sümpfe schlägt es auch.
 
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Welch Friede dann, wenn segenstrahlend
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Die Sonn’ im Westen untergeht,
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Und dunkle Purpurrosen malend,
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Der Himmel wie in Flammen steht!
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Wir baden uns im Hauch der Frische,
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Wie neugeboren ist das All,
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Und in des Baumes Blätternische
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Schlägt lieblicher die Nachtigall.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Unser Friede“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
176
Entstehungsjahr
1851
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Theodor Fontane ist der Autor des Gedichts „Unser Friede“. Als deutscher Schriftsteller des Realismus verfasste er dieses Werk vermutlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein Leben und Werk wurden stark durch die politischen und sozialen Umwälzungen seiner Zeit geprägt.

Beim ersten Lesen erzeugt „Unser Friede“ eine Atmosphäre von Kritik und bitterer Wahrheit, gepaart mit einer gewissen Hoffnung. Es handelt von einem Frieden, der eher stagnierend ist anstatt frei zu sein. Der erste Eindruck ist, dass das Gedicht eine Art von sozialer und kultureller Kritik darstellt.

Das Gedicht scheint den Zustand des „Friedens“ ins Zentrum zu rücken, der jedoch von Anfang an negativ konnotiert ist. Der lyrische Sprecher stellt den Zustand des Friedens dar, als einen zu stillen Sommertag, der auf Ungeziefer und giftige Gewässer hinweist. Dies lässt sich als Symbol für die stagnierende, unbewegliche Gesellschaft interpretieren. In der zweiten Strophe wird diese Ungesundheit des Friedens noch weiter betont, da sie den Menschen die Chancen für Taten und Männlichkeit nimmt.

Doch in der dritten Strophe sieht das lyrische Ich einen Ausweg aus der Lethargie. Durch eine dramatische, gewalttätige Naturhandlung - symbolisiert durch eine sengende Sonne und ein Donnergewitter - wird der stagnierende Frieden aufgelöst und bereinigt. Die letzte Strophe schließt das Gedicht mit einer Huldigung an die wiederbelebende und reinigende Kraft der Natur ab. Sie symbolisiert Hoffnung und Erneuerung nach der Zerstörung.

Formal besteht das Gedicht aus vier Oktaven, wobei der Reimschema ABAB jeweils beibehalten wird. Die poetische Sprache ist reich an metaphern und bildlichen Vergleichen, was eine lebhafte, aber gleichzeitig kritische Stimmung schafft. Fontanes Sprache ist flüssig und melodisch, trotz der eher bitteren Thematik, was dazu beiträgt, das Thema des Gedichts zugänglicher und anschaulicher zu gestalten.

Insgesamt ist „Unser Friede“ ein kritisches Gedicht, das sich mit der Frage der gesellschaftlichen Stagnation und der potenziellen Zerstörung und Erneuerung durch die Natur auseinandersetzt. Es zeigt Fontanes Fähigkeit, mit poetischen Mitteln soziale und kulturelle Themen aufzugreifen und zu kommentieren.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Unser Friede“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Fontane. Im Jahr 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Im Jahr 1851 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 176 Worte. Weitere Werke des Dichters Theodor Fontane sind „Alles still!“, „Am Jahrestag“ und „An Bettina“. Zum Autor des Gedichtes „Unser Friede“ haben wir auf abi-pur.de weitere 214 Gedichte veröffentlicht.

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