Antwort bey einem gesellschaftlichen Fragespiel von Johann Wolfgang von Goethe

Was ein weiblich Herz erfreue,
In der Klein – und Großen – Welt?
Ganz gewiß ist es das Neue,
Dessen Blüthe stets gefällt;
Doch viel werther ist die Treue,
Die auch in der Früchte Zeit
Noch mit Blüthen uns erfreut.
 
Der junge Herr.
 
Paris war in Wald und Hölen
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Mit den Nymphen wohl bekannt,
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Bis ihm Zeus um ihn zu quälen,
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Drei der Himmlischen gesandt,
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Und es fühlte wohl im Wählen
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In der alt und neuen Zeit,
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Niemand mehr Verlegenheit.
 
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Der Erfahrne.
 
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Geh den Weibern zart entgegen,
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Du gewinnst sie auf mein Wort;
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Und wer rasch ist und verwegen,
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Kommt vielleicht noch besser fort.
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Doch wem wenig dran gelegen
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Scheinet, ob er reizt und rührt,
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Der beleidigt, der verführt.
 
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Der Zufriedne.
 
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Vielfach ist der Menschen Streben,
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Ihre Unruh, ihr Verdruß,
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Auch ist manches Gut gegeben,
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Mancher liebliche Genuß.
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Doch das größte Glück im Leben
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Und der reichlichste Gewinn
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Ist ein guter leichter Sinn.
 
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Der lustige Rath.
 
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Wer der Menschen thörigt Treiben
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Täglich sieht, und täglich schilt,
 
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Und wenn andre Narren bleiben,
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Selbst für einen Narren gilt,
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Der trägt schwerer, als zur Mühle
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Irgend ein beladen Thier,
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Und wie ich im Busen fühle,
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Wahrlich! so ergeht es mir.
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GÖTHE.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Antwort bey einem gesellschaftlichen Fragespiel“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
41
Anzahl Wörter
196
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht heißt „Antwort bey einem gesellschaftlichen Fragespiel“ und stammt vom deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der von 1749 bis 1832 lebte. Es kann daher in die Epoche der Weimarer Klassik eingeordnet werden, die auch von Goethes Schaffen geprägt wurde.

Das Gedicht fällt durch den Wechsel von poetischen Aussagen und kurzen Dialogen auf. Inhaltlich setzt sich das lyrische Ich mit der Beziehung zu Frauen und der menschlichen Zufriedenheit auseinander. Es gibt Rat und teilt seine eigenen Erfahrungen und Beobachtungen.

Die erste Strophe handelt von der Freude, die ein weibliches Herz in der kleinen und großen Welt empfindet. Das Neue wird hier als reizend und ansprechend dargestellt, aber die Treue, die auch in schweren Zeiten Freude bereitet, wird als wertvoller betrachtet.

In den folgenden Strophen wird die Komplexität und Verwirrung der menschlichen Beziehungen und Zufriedenheit weiter verdeutlicht. Paris wird als jemand dargestellt, der in Verlegenheit gerät, als er von Zeus in eine schwierige Lage gebracht wird. Der Rat des erfahrenen Herrn und die Beobachtung des zufriedenen Herren verdeutlichen die Schwierigkeiten, aber auch die Möglichkeiten in Beziehungen mit Frauen.

Schließlich endet das Gedicht mit der Feststellung, dass das größte Glück im Leben und der reichlichste Gewinn ein guter leichter Sinn ist. Der lustige Rat und das abschließende Bekenntnis des lyrischen Ichs betonen das Streben des Menschen nach Glück und Zufriedenheit.

Das Gesamtwerk ist in freien Versen verfasst und besteht aus einzelnen Strophen von unterschiedlicher Länge. Es zeigt eine Vielfalt sprachlicher Bilder und Metaphern, die das Thema der zwischenmenschlichen Beziehungen und menschlichen Zufriedenheit abbilden.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Antwort bey einem gesellschaftlichen Fragespiel“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Wolfgang von Goethe. Im Jahr 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1796 entstanden. Neustrelitz ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um Schriftsteller jüngeren Alters. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Einer der populärsten Vertreter der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise im Jahr 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Todesjahr (1832) ist gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Literarisches Zentrum und Ausgangspunkt der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Prägend für die Zeit der Weimarer Klassik ist der Begriff Humanität. Toleranz, Menschlichkeit, Selbstbestimmung, Schönheit und Harmonie sind wichtige inhaltliche Merkmale der Weimarer Klassik. Die Weimarer Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Typisch ist ein hohes Sprachniveau und eine reglementierte Sprache. Diese reglementierte Sprache verdeutlicht im Vergleich zum natürlichen Sprachideal des Sturm und Drang mit all seinen Derbheiten den Ausgleich zwischen Gefühl und Vernunft. Die Autoren haben in der Weimarer Klassik auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Die wichtigsten Dichter der Weimarer Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried von Herder und Christoph Martin Wieland.

Das vorliegende Gedicht umfasst 196 Wörter. Es baut sich aus 10 Strophen auf und besteht aus 41 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An Lida“, „An den Mond“ und „An den Schlaf“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Antwort bey einem gesellschaftlichen Fragespiel“ weitere 1618 Gedichte vor.

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