Trutzlied von Erich Mühsam

Nennt uns nur höhnisch Weltbeglücker,
weil wir das Joch der Unterdrücker
nicht länger dulden und die Schmach.
Lacht nur der neuen Ideale,
leert auf die alten die Pokale –
Wir geben nicht nach!
 
Legt nur die Stirn in ernste Falten,
schreckt auf im Bette ungehalten
und scheuert euch die Augen wach.
10 
Flucht auf die unerwünsche Störung,
11 
reißt's Fenster auf und schreit: Empörung!
12 
Wir geben nicht nach!
 
13 
Setzt euch nur auf die Geldkassette,
14 
daß Gott die arme Seele rette
15 
aus Not, Gefahr und Ungemach, –
16 
und ruft nach euren guten Geistern,
17 
nach Polizei und Kerkermeistern –
18 
Wir geben nicht nach!
 
19 
Daß den Verrat der Teufel hole,
20 
langt nur die Repetierpistole
21 
samt den Patronen aus dem Fach,
22 
und schmückt den Hut mir der Kokarde
23 
der geldsacktreuen weißen Garde –
24 
Wir geben nicht nach!
 
25 
Laßt Volkes Blut in Strömen fließen,
26 
laßt uns erhängen und erschießen,
27 
setzt uns den roten Hahn aufs Dach.
28 
Laßt Mörser und Haubitzen wüten,
29 
um euer Diebesgut zu hüten –
30 
Wir geben nicht nach!
 
31 
Laßt euer Höllenwerkzeug toben!
32 
Die Sehnsucht selbst hat sich erhoben
33 
des Volks, das seine Ketten brach.
34 
Freiheit und Recht stehn auf der Schanze.
35 
Sieg oder Tod – jetzt geht's ums Ganze! –
36 
Wir geben nicht nach!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Trutzlied“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
193
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Trutzlied“ wurde vom Autor Erich Mühsam verfasst, der von 1878 bis 1934 lebte. Mühsam war ein bekannter anarchistischer Schriftsteller und politischer Aktivist in Deutschland, und sein Werk fällt in die Epoche des frühen 20. Jahrhunderts, eine Zeit großer politischer und sozialer Unruhen.

Auf den ersten Eindruck hin wirkt das Gedicht energisch und kämpferisch. Der wiederholte Ausruf „Wir geben nicht nach!“ zeigt deutlich eine unerschütterliche Entschlossenheit des lyrischen Ichs.

Inhaltlich erzählt das Gedicht von der Hartnäckigkeit und dem Widerstand gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit. Das lyrische Ich fordert die Unterdrücker heraus und erklärt entschlossen, dass sie nicht nachgeben werden, unabhängig von Spott, Bedrohungen und selbst Gewalt. Im Laufe des Gedichtes wird diese Unbeugsamkeit in Bildern von Verfolgung, Tod und Zerstörung ausgedrückt, die jedoch das lyrische Ich und seine Genossen nicht abschrecken.

Betrachtet man die Form und Sprache des Gedichts, so enthält es sechs Strophen zu je sechs Versen. Das rhythmische Muster und die Wiederholung des Refrains „Wir geben nicht nach!“ verleihen dem Gedicht einen hymnischen und rebellischen Charakter. Die verwendete Sprache ist unverblümt und bildhaft, mit starken Bildern von Gewalt und Konflikt, und zeigt Mühsam in seiner Rolle als Provokateur und politischer Aktivist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Trutzlied“ ein starkes Beispiel für Mühsams politische Lyrik ist, die durch ihre kämpferische Haltung und unerschütterliche Entschlossenheit auffällt. Es spiegelt die turbulenten Zeiten wider, in denen der Autor lebte und aktiv war, und bleibt ein leidenschaftlicher Aufruf zum Widerstand und zur Freiheit.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Trutzlied“ ist Erich Mühsam. Mühsam wurde im Jahr 1878 in Berlin geboren. Im Jahr 1920 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 193 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Erich Mühsam sind „Barbaren“, „Bauchweh“ und „Betäubung“. Zum Autor des Gedichtes „Trutzlied“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 57 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Weitere Gedichte des Autors Erich Mühsam (Infos zum Autor)

Zum Autor Erich Mühsam sind auf abi-pur.de 57 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.