Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester von Joachim Ringelnatz

Ein Wort auf das, was du gesprochen.
Stütz guten Kopf in gute Hand
Und laß dein Herz ans Weinglas pochen:
 
Heimat ist kein begrenztes Land.
Auch wo man Muttersprache spricht,
Ist Heimat nicht.
Mich deucht, es will auch nichts besagen,
Ob einer seine Heimat kennt.
Denn Lüge ist, was auf Befragen
10 
Das Heimweh uns als Heimat nennt.
 
11 
Ein schmutzig Loch kann rührend sich verkneifen,
12 
Und höchste Würde kann zur Blase reifen.
 
13 
Stich fest in das Humorische!
 
14 
Heimat? Wir alle finden keine,
15 
Oder – und allerhöchstens – eine
16 
Improvisatorische.
17 
Es kommt auch gar nicht darauf an. – –
 
18 
Ich danke dir für den Vergleich
19 
Mit einem braven Reitersmann.
20 
Man tue möglichst, was man kann.
 
21 
Coester, du bist von Gott aus reich.
22 
Schäum aus, was du zu schenken hast;
23 
Das Letzte wäre dir noch Last.
24 
Und warte frech, doch fromm auf Leiden.
 
25 
Denn du wächst neben dem Jahrhundert.
26 
Du bist der größre von uns beiden.
27 
Ich habe dich so oft bewundert. –
28 
Wie kläglich ist es zu beneiden. –
 
29 
Du wurdest leider mir von fern
30 
Noch lieber, als du warst im Nahen.
31 
Nun, da wir lange uns nicht sahen,
32 
Bild ich mir ein: Du hast mich gern.
33 
Ach bitte komme bald zurück
34 
Mit offnem, unverwitzeltem Vertraun.
 
35 
Ich wünsche dir fürs neue Jahr viel Glück,
36 
Eine Frau (zur Hochzeit mich einladend)
37 
Und andre große Nebenfraun
38 
Und was du sonstens wichtig brauchst.
39 
Daß du nie was anders, als wie badend,
40 
Auch für Minuten nur untertauchst.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.1 KB)

Details zum Gedicht „Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester“

Anzahl Strophen
10
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
235
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist, schrieb das Gedicht „Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester“. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, was das Gedicht zeitlich in die Weimarer Republik einordnet.

Das Gedicht ist an einen Freund des Autors gerichtet, den Maler Oskar Coester. Es behandelt Themen wie Heimat, Freundschaft, Menschlichkeit und den Sinn des Lebens. Die Worte des Autors erscheinen zunächst ein wenig rätselhaft und wirken auf den ersten Eindruck hin vielleicht philosophisch und abstrakt.

Das lyrische Ich äußert sich über seine Auffassung von Heimat und weist darauf hin, dass Heimat nicht unbedingt ein geographisch begrenzter Ort sein muss und sie auch nichts mit der Muttersprache zu tun hat. Er behauptet, dass „Heimat“ ein Konzept ist, das oft missverstanden und verfälscht wird, nicht zuletzt durch die emotionale Verzerrung des Heimwehs. Das lyrische Ich fordert Oskar auf, das Leben und die Kunst mit Humor zu betrachten und eigenes Potenzial freizusetzen. Dabei spielt auch die Anerkennung der eigenen Stärken und Schwächen eine wichtige Rolle.

Das Gedicht ist in freien Versen verfasst, es gibt keine Reime und auch keine konsequente Einhaltung von Metrik. Die Verse variieren in der Länge und die Strophen weisen unterschiedliche Anzahlen an Versen auf. Diese Form verleiht dem Gedicht einen fließenden und natürlichen Charakter, was auch die direkte und persönliche Ansprache des Freundes unterstreicht.

In Bezug auf die Sprache fallen die zahlreichen bildhaften und metaphorischen Ausdrücke auf. Ringelnatz verwendet eine klare und unverblümte Sprache, es gibt kaum veraltete oder poetisch überladene Formulierungen. Der Ton ist eher intim und persönlich, was den Eindruck von einem direkten und offenen Gespräch zwischen zwei Freunden verstärkt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gedicht „Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester“ von Joachim Ringelnatz eine Reflexion über Themen wie Heimat, Identität, Freundschaft und Individualität ist, verpackt in einem intimen und humorvollen Brief an einen Freund.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1928 zurück. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 235 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 10 Strophen. Die Gedichte „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Joachim Ringelnatz

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Joachim Ringelnatz und seinem Gedicht „Antwort auf einen Brief des Malers Oskar Coester“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz (Infos zum Autor)

Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.