Trinkspruch von Heinrich Kämpchen
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So sprach der Wirt vom „Faßverein“: |
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Willkommen, wack’re Mannen! |
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Ich lade euch zur Nachtschicht ein, |
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Gefüllt sind schon die Kannen. |
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Auch liegt da unten Faß bei Faß, |
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Ihr Herr’n, vom allerbesten Naß, |
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Wir brauchen nicht zu dürsten. – |
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Zudem läßt man die reichste Huld |
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Hier angedeih’n dem Zecher, |
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Es wird gestraft nicht und genullt |
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Für Mindermaß im Becher. – |
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Ein jeder trinkt so viel er kann, |
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Und wer den tiefsten Zug gewann, |
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Ist König von der Runde. – |
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Die Temp’ratur dabei entspricht |
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Ganz uns’rem Wohlgefühle, |
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Wir leiden von der Hitze nicht |
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Und auch nicht von der Kühle. – |
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Doch straffe Ordnung wird geführt, |
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Und wer da muckst und nicht pariert, |
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Fliegt ohne Gnad’ und Schonung. |
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Bei Tage währt die Arbeitszeit |
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Nicht lang’, wie die der Nächte, |
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Doch gibt’s dafür Gelegenheit |
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Zum Suchen neuer Schächte. – |
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Und machen wir ’ne Ueberschicht, |
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Wir fordern Zahlung dafür nicht, |
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Der Stoff ist uns Genüge. – |
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So sprach der Wirt vom „Faßverein“ |
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Im Kreise seiner Gäste, |
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Und lud dabei zum Trinken ein |
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Die Herr’n auf’s allerbeste. |
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Und sie, sie lachten Sympathie |
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Ihm zu der „schönen“ Parodie |
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Von uns’rem Bergmannselend. |
Details zum Gedicht „Trinkspruch“
Heinrich Kämpchen
5
35
187
1909
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Trinkspruch“ wurde von Heinrich Kämpchen verfasst. Kämpchen lebte von 1847 bis 1912 und zählt damit zur Epoche des Realismus in der deutschen Literatur. Diese Epoche wird oft mit einer realistischen, detailgetreuen Darstellung des Alltags und der sozialen Bedingungen der Menschen verbunden.
Auf den ersten Blick mag das Gedicht wie ein fröhlicher Trinkspruch erscheinen, bei dem der Wirt vom „Faßverein“ seine Gäste zum Trinken einlädt. Sie genießen die freie Atmosphäre, in der es keine Bestrafungen für weniger Bier im Becher gibt und derjenige, der am meisten trinkt, zum „König von der Runde“ gekrönt wird. Bei genauerem Hinsehen jedoch enthüllt sich eine kritische Perspektive auf die Arbeitsbedingungen der Bergleute, die der Autor vermutlich parodiert.
Inhaltlich kreist das Gedicht um die Erzählung des Wirtes vom „Faßverein“, der seine männlichen Gäste zu einer munteren Runde einlädt, in der Trinken und Fröhlichkeit im Mittelpunkt stehen. Im letzten Vers jedoch deutet der Erzähler an, dass diese frohe Veranstaltung tatsächlich eine „schöne“ Parodie auf das „Bergmannselend“ ist - also auf die harte körperliche Arbeit, die schlechten Arbeitsbedingungen und den geringen Lohn, die die Bergleute zu erleiden hatten. Es wird unterstellt, dass die Bierstube als einziger Ort dient, um die Misere des Arbeitsalltags zu vergessen.
In Bezug auf Form und Sprache bewegt sich das Gedicht in einem traditionellen Reimschema (ABAB für jede Strophe) und in einer leicht verständlichen, umgangssprachlichen Diktion. Die Verse sind siebenzeilig und behalten einen gleichmäßigen Rhythmus bei, der den Ton eines fröhlichen Trinkspruchs einfängt. Die Sprache ist direkt und lebendig und voller volkstümlicher Ausdrücke, die die Atmosphäre einer geselligen, volksnahen Bierstube vermitteln. Aber auch hier ist die Ironie des Autors erkennbar, der auf die Missstände im Bergbau hinweist, während er gleichzeitig eine scheinbar fröhliche Szene schildert.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Heinrich Kämpchens „Trinkspruch“ ein Gedicht ist, das auf sehr wirkungsvolle Weise Geselligkeit und Trinkfreude mit einer scharfen Sozialkritik verbindet. Es offenbart seine tiefere Bedeutung erst auf den zweiten Blick und wirft dadurch ein helles Licht auf die sozialen Zustände seiner Zeit.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Trinkspruch“ ist Heinrich Kämpchen. Im Jahr 1847 wurde Kämpchen in Altendorf an der Ruhr geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1909 zurück. In Bochum ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 187 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 35 Versen. Die Gedichte „Abend am Rhein“, „Abendläuten“ und „Altendorf“ sind weitere Werke des Autors Heinrich Kämpchen. Zum Autor des Gedichtes „Trinkspruch“ haben wir auf abi-pur.de weitere 165 Gedichte veröffentlicht.
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- Abendläuten
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- Am Gemündener Maar
- Am Grabe der Mutter
- Am Kochbrunnen in Wiesbaden
- Am Marienbrönnlein
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- Am Weinfelder Maar
- Am goldenen Sonntag
Zum Autor Heinrich Kämpchen sind auf abi-pur.de 165 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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