Trauer der Mondgöttin von Charles Baudelaire

Heut strahlt der abendgöttin licht geringer.
Wie eine schönheit auf der kissen wust
Die vor dem schlafe mit zerstreutem finger
Leis überspielt die linien ihrer brust
 
So ruht sie auf den flaumigen lawinen
Im sterben langen schwächen hingegeben ·
Das auge richtend auf die weissen mienen
Die blütengüssen gleich im azur schweben.
 
Wenn müd und schmachtend sie auf unsre sfäre
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Verstohlen manchmal träufelt eine zähre
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So naht ein dichter der den schlummer flieht.
 
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Er fängt die zähre auf · die hand als schale ·
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Dies stück von farbenspiegelndem opale
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Verbirgt er dass die sonne nicht es sieht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Trauer der Mondgöttin“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
94
Entstehungsjahr
nach 1837
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Trauer der Mondgöttin“ wurde von dem französischen Dichter Charles Baudelaire verfasst, der von 1821 bis 1867 lebte. Somit kann das Werk zeitlich der Epoche des Symbolismus zugeordnet werden, in der Baudelaire eine Schlüsselfigur war.

Das Gedicht erweckt auf den ersten Blick den Eindruck von leiser Melancholie und romantischer Sehnsucht. Es ist stark von Bildern geprägt, die die Nacht, den Mond und die Sterne, sowie einen einsamen Dichter in den Mittelpunkt stellen.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich zunächst die schwindende Helligkeit des Mondes, verglichen mit einer einsamen Schönheit, die sich zur Ruhe legt und sinnlich ihre eigene Brust streichelt. Diese Personifizierung der Mondgöttin füllt die erste Strophe. In der zweiten Strophe wird die Mondgöttin mit ruhenden Flaum-Lawinen – wahrscheinlich Schneedecken oder Wolken – verglichen. Ihr Tod wird angedeutet („Im sterben langen schwächen hingegeben“). Sie richtet ihr Auge auf die weißen Mienen, die wie Blüten im Himmel schweben.

Die dritte Strophe beschreibt die Müdigkeit und Sehnsucht der Mondgöttin und deutet an, dass sie manchmal eine Träne auf die Erde fallen lässt, was von einem nachtwachen Dichter bemerkt wird. Dieser Dichter fängt die Träne auf und verbirgt sie vor der Sonne, wie es in der vierten Strophe dargestellt wird. Der Dichter wird als der Hüter der nächtlichen Sehnsüchte und Melancholie dargestellt, der selbst das Licht der Sonne meidet.

Formell besteht das Gedicht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Versanzahl. Die Sprache ist typisch für Baudelaire: Sie ist stark symbolisch und bildhaft, aber gleichzeitig auch suggestiv und offen in ihrer Interpretation.

In Bezug auf das lyrische Ich könnte man vermuten, dass dieses das eigene Schaffen des Autors widerspiegelt. Es ist ein Seelenverwandter der Mondgöttin – ein nächtliches Geschöpf, das in der geheimen Trauer und Sehnsucht der Mondgöttin Inspiration findet und diese in seiner Dichtung manifestiert. Auch der Vergleich der Dichtung mit einer „farbenspiegelnden“ Träne, die vor dem Sonnenlicht – einem Symbol der Wahrheit oder Erkenntnis – verborgen gehalten wird, könnte in der Interpretation dazu dienen, die Dichtung als etwas darzustellen, das sowohl Schönheit als auch Geheimnis in sich birgt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Trauer der Mondgöttin“ ist Charles Baudelaire. Im Jahr 1821 wurde Baudelaire in Paris geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1837 und 1867. In Berlin ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 94 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Weitere Werke des Dichters Charles Baudelaire sind „Bertas Augen“, „Besessenheit“ und „Darstellung“. Zum Autor des Gedichtes „Trauer der Mondgöttin“ haben wir auf abi-pur.de weitere 101 Gedichte veröffentlicht.

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