Thränen deß Vaterlandes / Anno 1636 von Andreas Gryphius

WIr sind doch nunmehr gantz / ja mehr denn gantz verheeret!
Der frechen Völcker Schaar / die rasende Posaun
Das vom Blutt fette Schwerdt / die donnernde Carthaun.
Hat aller Schweiß / vnd Fleiß / vnd Vorrath auff gezehret.
Die Türme stehn in Glutt / die Kirch ist vmbgekehret.
Das Rahthaus ligt im Graus / die Starcken sind zerhaun.
Die Jungfraun sind geschänd’t / vnd wo wir hin nur schaun
Ist Feuer / Pest / vnd Tod / der Hertz vnd Geist durchfähret.
Hier durch die Schantz vnd Stadt / rinnt allzeit frisches Blutt.
10 
Dreymal sind schon sechs Jahr / als vnser Ströme Flutt /
11 
Von so viel Leichen schwer / sich langsam fortgedrungen
12 
Doch schweig ich noch von dem / was ärger als der Tod /
13 
Was grimmer denn die Pest / vnd Glutt vnd Hungersnoth
14 
Das auch der Seelen Schatz / so vielen abgezwungen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Thränen deß Vaterlandes / Anno 1636“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
128
Entstehungsjahr
1658
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor des vorliegenden Gedichtes ist Andreas Gryphius, ein bedeutender deutscher Dichter und Dramatiker des Barock. Sein Werk „Thränen des Vaterlandes / Anno 1636“ stammt aus der Mitte des 17. Jahrhunderts und steht inmitten der kulturellen und politischen Verwerfungen des Dreißigjährigen Krieges, in dem das Heilige Römische Reich Deutscher Nation von 1618 bis 1648 von Gewalt und Zerstörung zerrissen wurde.

Beim ersten Lesen der Verse wird die dramatische Atmosphäre des Gedichts sofort deutlich: Es handelt von Krieg, Gewalt, Tod und Zerstörung. Gryphius malt ein düsteres Bild vom Zustand seines Landes, das er durch allegorische Bilder und starke emotionale Sprache darstellt.

Das lyrische Ich führt den Leser durch eine Landschaft der Verheerung: Krieg, Pest und Tod haben das Land, das einst voller Leben und Aktivität war, in ein Ödland verwandelt. Städte und Dörfer sind zerstört, die Menschen leiden, die Seelen sind erschöpft und verzweifelt. Der Text vermittelt das Gefühl einer totalen Niederlage und Ausweglosigkeit, ein Bild des tiefen Leidens, das der Krieg über Menschen und Land gebracht hat.

Auf der Inhaltsebene scheint das lyrische Ich damit die brutale Realität des Krieges und die damit verbundenen menschlichen Tragödien darstellen zu wollen. Es beklagt die Verluste und Schrecken, die der Krieg über das eigene Land und Volk gebracht hat. Hierbei wird nicht nur die physische, sondern auch die seelische Zerstörung thematisiert, die der Krieg mit sich bringt.

Formal ist das Gedicht in Sonettform geschrieben, bestehend aus 14 Versen mit einem bestimmten Reimschema. Die Sprache ist, typisch für die Zeit des Barock, bildhaft und metaphorisch. So werden zum Beispiel die kriegerischen Auseinandersetzungen durch den Ausdruck „die rasende Posaun“ oder „das vom Blut fette Schwert“ allegorisch dargestellt. Zeilen wie „Die Jungfraun sind geschänd’t“ und „Ist Feuer, Pest und Tod“ verdeutlichen die Grausamkeiten des Krieges auf drastische Weise. Mit der Kombination von Form und Sprache schafft Gryphius ein intensives, emotionales Bild der Zerstörung und des Leides, das der Krieg über sein Heimatland gebracht hat.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Thränen deß Vaterlandes / Anno 1636“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Andreas Gryphius. Im Jahr 1616 wurde Gryphius in Glogau geboren. 1658 ist das Gedicht entstanden. Breßlau ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis 1720. Das Wort „Barock“ leitet sich vom portugiesischen Wort „barocco“ ab und bedeutet „schiefrunde, unregelmäßige Perle“. Der Dreißigjährige Krieg war ein Territorial- und Religionskrieg in Europa, der für Elend, Zerstörung und Tod sorgte. Dazu kamen Zerfall der Wirtschaft und die Pest, welche das Unheil während des Dreißigjährigen Krieges nur noch befeuerte. Es herrschte im Barock ein antithetisches Weltbild. Verschwendung und Luxus des Adels standen Leid und Armut innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Literatur im Barock war ebenso gekennzeichnet von inhaltlichen Widersprüchen. Jenseits und Diesseits standen sich ebenso gegenüber wie Ernst und Spiel oder etwa Sein und Schein. Unter den Literaturgattungen genossen die Lyrik in Form von Sonetten, Liedern oder Oden, die Epik in Form des Romans und das Drama größere Bedeutung. Während die Dichter der Renaissance vorwiegend in lateinischer Sprache, der Sprache der Wissenschaft, ihre Werke verfassten, war man nun bestrebt, sich dem Deutschen zu widmen. Da während der Literaturepoche des Barocks der Wohlklang und die äußere Ästhetik eines literarischen Werkes eine große Rolle spielten, war die bevorzugte Literaturform das Gedicht. In den Gedichten wurden sehr gerne Symbole, Metaphern und Hyperbolik verwendet.

Das vorliegende Gedicht umfasst 128 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 14 Versen. Der Dichter Andreas Gryphius ist auch der Autor für Gedichte wie „An Jolinden“, „An den gecreutzigten Jesum“ und „An den gefangenen Dicaeus“. Zum Autor des Gedichtes „Thränen deß Vaterlandes / Anno 1636“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 463 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Das Video mit dem Titel „Andreas Gryphius Thränen des Vaterlandes / Anno 1636 I“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Andreas Gryphius

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Andreas Gryphius und seinem Gedicht „Thränen deß Vaterlandes / Anno 1636“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Andreas Gryphius (Infos zum Autor)

Zum Autor Andreas Gryphius sind auf abi-pur.de 463 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.