Thar von Joachim Ringelnatz

Als ich abends den Zoo verließ,
Entdeckte ich noch ein Tier. Das hieß
Thar,
Himalaja. Es war
Wunderbar.
 
Seines Felles langseidenes Haar
Legte ein Wind bald sohin bald sohin.
Es hatte wonnige Farben in Braun.
 
Das Tier schien mir durch die Seele zu schaun
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Und weiter und fernhin, doch wohin?
 
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– Himalaja – Himalaja –
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Der, die oder das Thar? –
 
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Wie ernst ich vor dem Käfig war.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Thar“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
13
Anzahl Wörter
64
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Thar“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschsprachigen Schriftsteller und Lyriker, der von 1883 bis 1934 lebte. Dies lässt darauf schließen, dass das Gedicht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist, genauer wahrscheinlich in der Zeit der Weimarer Republik oder kurz davor, als Ringelnatz künstlerisch sehr aktiv war.

Auf den ersten Eindruck ist das Gedicht ein simples, fast kindliches Berichten über ein Erlebnis im Zoo, das jedoch auf subtile Weise eine größere Bedeutung und Melancholie enthält.

Inhaltlich handelt das Gedicht von der Begegnung des lyrischen Ichs mit einem Thar, einem Tier aus dem Himalaja, im Zoo. Das lyrische Ich beschreibt seine Bewunderung für das Fell des Thars und die tiefen, eindringlichen Augen des Tieres, die ihm das Gefühl geben, als würde es durch seine Seele schauen. Es sinniert dann über die Herkunft des Tieres und endet mit der Bemerkung, wie ernst es vor dem Käfig des Thars stand.

Durch die Schilderung des Thars und die tiefe Beschäftigung des lyrischen Ichs mit ihm lässt sich das Gedicht als Auseinandersetzung mit der menschlichen Faszination für die Exotik und Fremdheit interpretieren. Die Begegnung mit dem Thar wird zu einem Moment der Reflexion und Selbstbeobachtung: Das Tier wird zum Spiegel, in dem das lyrische Ich sich selbst und seine Gefühle wahrnimmt.

Formal ist das Gedicht in fünf Strophen aufgeteilt, die jeweils aus ein bis fünf Versen bestehen und keinen festen Reim- oder Rhythmusmuster folgen. Somit lässt es sich der freien Lyrik zuordnen. Die Sprache ist klar und einfach, jedoch durch die wiederkehrenden Ellipsen und das unbestimmte „sohin“ rhythmisch und melodisch.

Die mehrfache Wiederholung des Wortes „Himalaja“ sowie die Verwendung des eher ungewöhnlichen Wortes „wonnig“ für die Farben des Tieres heben die Faszination und Bewunderung des lyrischen Ichs für das Tier hervor und erzeugen eine atmosphärische, beinahe mystische Stimmung. Der abschließende Satz „Wie ernst ich vor dem Käfig war.“ zeigt die tief empfundene Ehrerbietung des lyrischen Ichs gegenüber dem Tier und impliziert eventuell eine Kritik an seiner Gefangenschaft.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Thar“. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1933 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 64 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 13 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Die Gedichte „7. August 1929“, „Abendgebet einer erkälteten Negerin“ und „Abermals in Zwickau“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Thar“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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