Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg von Johann Wolfgang von Goethe

Nach Mittage saßen wir
Junges Volk im Kühlen;
Amor kam, und stirbt der Fuchs
Wollt’ er mit uns spielen.
 
Jeder meiner Freunde saß
Froh bey seinem Herzchen;
Amor blies die Fackel aus,
Sprach: hier ist das Kerzchen.
 
Und die Fackel, wie sie glomm,
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Ließ man eilig wandern,
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Jeder drückte sie geschwind
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In die Hand des andern.
 
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Und mir reichte Dorilis
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Sie mit Spott und Scherze;
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Kaum berührt mein Finger sie,
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Hell entflammt die Kerze,
 
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Sengt mir Augen und Gesicht,
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Setzt die Brust in Flammen,
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Über meinem Haupte schlug
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Fast die Gluth zusammen.
 
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Löschen wollt’ ich, patschte zu;
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Doch es brennt beständig;
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Statt zu sterben ward der Fuchs
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Recht bey mir lebendig.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
111
Entstehungsjahr
1770–1771
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das oben genannte Gedicht ist „Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg“ von Johann Wolfgang von Goethe. Goethe ist eine zentrale Figur in der deutschen Literatur, bekannt durch seine epochalen Beiträge zum Sturm und Drang sowie zur Weimarer Klassik, zwei wichtigen literarischen Bewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht den Eindruck einer spielerischen, fast fröhlichen Szenerie. Es entsteht ein Bild einer Gruppe junger Leute, die gemeinsam ihre Zeit verbringen. Es wechselt jedoch schnell zu einer überraschenden Darstellung von plötzlicher Leidenschaft und dem darauffolgenden Schmerz.

Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um eine Gruppe junger Menschen, die im Schatten sitzen und entspannen. Der Gott der Liebe, Amor, tritt auf und initiiert ein Spiel, bei dem eine Fackel herumgereicht wird. Als das lyrische Ich, vermutlich Goethe selbst, die Fackel annimmt, entflammt sie und verursacht psychischen und physischen Schmerz. Der Titel und die abschließende Zeile des Gedichts scheinen eine Metapher für das Spiel der Liebe und den plötzlichen Schmerz der unerwiderten Liebe zu sein; der „Fuchs“ ist hier ein Symbol für das Herz oder die Liebe, die, sobald sie „stirbt“ oder endet, in ihrem „Balg“ oder ihrer Körperlichkeit weiterlebt.

Von einem formalen Standpunkt aus gesehen besteht das Gedicht aus sechs vierzeiligen Strophen mit einem Reimschema AABB. Die Sprache ist einfach und leicht verständlich, die Metaphern sind klar und der flüssige Rhythmus passt zum leichtfüßigen Ton, der zum Beginn des Gedichts eingeführt und im Mittelteil kurzfristig beibehalten wird.

Die Sprache und Bildsprache, die Goethe verwendet, verleiht dem Gedicht eine zugängliche und verständliche Qualität und trägt zur Zeichnung einer klaren, lebendigen Szene bei. Sie enthüllt auch den emotionalen Zustand des lyrischen Ichs und bietet einen Einblick in seine Erfahrungen mit Liebe, Verlust und Schmerz. Daher ist das Gedicht eine effektive Darstellung von Goethes Fähigkeit, komplizierte emotionale Zustände in einfacher und verständlicher Sprache darzustellen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Wolfgang von Goethe. Der Autor Johann Wolfgang von Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. Im Jahr 1771 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang ist eine Strömung in der deutschen Literaturgeschichte, die häufig auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet wird. Die Epoche ordnet sich nach der Literaturepoche der Empfindsamkeit und vor der Klassik ein. Sie lässt sich auf die Zeit zwischen 1765 und 1790 eingrenzen. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich aber auch gegen das Bürgertum, das als freudlos und eng galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Die Vertreter der Epoche des Sturm und Drang waren häufig junge Autoren im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde im Besonderen darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Die Literaturepoche der Klassik beginnt nach heutiger Auffassung mit der Italienreise Goethes, die er 1786 im Alter von 36 Jahren machte. Das Ende der Epoche wird auf 1832 datiert. In der Klassik wurde die Literatur durch Auswirkungen der Französischen Revolution, die ziemlich zu Beginn der Epoche stattfand, entscheidend geprägt. In der Französischen Revolution setzten sich die Menschen dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind häufig verwendete Bezeichnungen für die Literaturepoche. Von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik ist der Begriff Humanität. Toleranz, Menschlichkeit, Selbstbestimmung, Schönheit und Harmonie sind wichtige inhaltliche Merkmale der Weimarer Klassik. Die Weimarer Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. In der Gestaltung wurde das Wesentliche, Gültige, Gesetzmäßige sowie die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache häufig derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Schiller und Goethe.

Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 111 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „Amytnas“, „An Annetten“ und „An Belinden“. Zum Autor des Gedichtes „Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 1618 Gedichte vor.

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