Stimmen des Palatin von Marie Eugenie Delle Grazie
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Stachelfeigen und Kakteen |
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Prunken jetzt im Heiligthum |
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Cäsars, und die Palmen wehen |
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Kühlung in’s Triklinium. |
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Wo die Füße scheuer Sklaven |
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Lautlos hin- und hergehuscht, |
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Haben Schlingkraut und Agaven |
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Nun den Mosaik umbuscht. |
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Eingesunken seine Thermen |
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Und der Säle gold’ne Pracht – |
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Trümmer und gestürzte Hermen |
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Halten rings die Todtenwacht. |
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Faul sein Purpur, morsch sein Scepter, |
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Doch sein Athem und sein Geist, |
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Noch in den Ruinen lebt er, |
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Wie ein Aar, der sie umkreist! |
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Steige noch so keck und munter |
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Hier hinauf, Despotenfeind, – |
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Trüb und stumm kehrst du hinunter, |
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Schauerst, wo du leicht verneint! |
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Ihrer Stimmen mächtig Dröhnen |
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Schallt vernehmbar an dein Ohr, |
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Ihre Opfer hörst du stöhnen, |
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Doch auch ihren Siegeschor! |
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Mit dem Roth der Abendgluthen |
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Flammt dir ihres Purpurs Saum. |
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Vor den Augen – und verbluten |
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Siehst du ihren Weltentraum... |
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Schreite sacht auf diesen Fliesen |
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Tadler, ob dein Herz auch grollt, |
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Denn sie waren Willensriesen |
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Und wir – werden nur gewollt! |
Details zum Gedicht „Stimmen des Palatin“
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1892
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Stimmen des Palatin“ wurde von Marie Eugenie Delle Grazie verfasst, die von 1864 bis 1931 lebte. Sie war somit eine österreichisch-ungarische Dichterin, die in die Epoche des Realismus und der beginnenden Moderne einzuordnen ist.
Das Gedicht beschreibt eine antike Ruinenlandschaft, die offenbar dem Palatin in Rom entspricht - eine historisch bedeutende und symbolträchtige Stätte des römischen Kaiserreiches. Sie dient der Dichterin als lebendige Metapher für die Vergänglichkeit von Macht und Herrschaft, aber auch für das kontinuierliche Wirken der Geschichte.
Das lyrische Ich stellt erst den damaligen Glanz und Pracht Roms in den Vordergrund, erwähnt dann aber die heutige Realität: Kakteen und Feigenstacheln wachsen im Heiligtum von Cäsar, einst lauschige Thermalbäder und goldene Säle sind in Trümmern. Doch die Geisteshaltung, der einstigen Herrscher und deren Macht ist immer noch spürbar in den Ruinen.
Das lyrische Ich richtet eine Warnung an den Despotenfeind, der mit Selbstvertrauen heraufsteigt, aber nachdenklich und schaudernd wieder hinunterkehrt, nachdem er die Stimmen der Geschichte vernommen hat. Dies ist eine Aufforderung, aus der Geschichte zu lernen, sowie eine Kritik an denen, die die Macht des römischen Reiches nach ihrem Untergang verneint oder unterschätzt haben.
Formal ist das Gedicht in acht vierzeilige Strophen eingeteilt. Die Sprache ist bildreich und befilmend und weist einen ausgeprägten Hang zum Symbolischen auf. Die Bilder der antiken Ruinen und der jagenden Adler, sowie die kraftvollen Metaphern der „Schlingkraut und Agaven“ oder der „eingesunkenen Thermen“ sind sehr bildhaft und verstärken den Eindruck des Imperiums und seiner einstigen Macht. Trotz ihrer Verklärung bleibt jedoch die Wirklichkeit gegenwärtig, die Ruinen und der Staub der Geschichte sind spürbar.
Der Stil des Gedichts scheint für die Epoche des Realismus typisch zu sein, in der man bemüht war, die Welt so genau wie möglich abzubilden, aber dennoch eine moralische oder lehrreiche Botschaft zu vermitteln. In diesem Fall wird die Vergänglichkeit von Herrschaft und Macht verdeutlicht und gleichzeitig die subtile und lauernde Präsenz der Geschichte betont. Gleichzeitig ist eine gewisse Wagnerianische Faszination für die große Geschichte und die Heldentaten der Vergangenheit spürbar, die typisch für die Ära der Dichterin war.
Weitere Informationen
Marie Eugenie Delle Grazie ist die Autorin des Gedichtes „Stimmen des Palatin“. Im Jahr 1864 wurde Delle Grazie in Weißkirchen (Bela Crkva) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1892 zurück. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Die Schriftstellerin Delle Grazie ist eine typische Vertreterin der genannten Epoche. Das 151 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Marie Eugenie Delle Grazie sind „Apoll vom Belvedere“, „Arco naturale“ und „Atlantis“. Zur Autorin des Gedichtes „Stimmen des Palatin“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 71 Gedichte vor.
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Zum Autor Marie Eugenie Delle Grazie sind auf abi-pur.de 71 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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