Stanzen von Johann Wolfgang von Goethe

Der lang, ersehnte Friede nahet wieder
Und alles scheint umkränzet und umlaubt,
Hier legt die Wuth die scharfen Waffen nieder,
Dem Sieger ist sogar der Helm geraubt,
Das nahe Glück erreget frohe Lieder
Und Scherz und laute Freuden sind erlaubt,
Und wir, als ein Gebild aus höhern Sphären,
Erscheinen heute deinen Tag zu ehren.
 
Die Palmen legen wir zu deinen Füßen
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Und Blumen streuen wir vor deinem Schritt.
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Die Eintracht darf sich wieder fest umschließen,
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An ihrer Seite kommt die Hoffnung mit;
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In Sicherheit und Ruhe zu genießen
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Und zu vergessen alles was es litt,
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Dies ist der Wunsch, der jedes Herz belebet,
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Das wieder frisch ins neue Leben strebet.
 
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Und Ceres wird versöhnet und verehret,
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Die wieder froh die goldnen Aehren regt,
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Wenn dann die Fülle prächtig wiederkehret,
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Die aller Freuden reiche Kränze trägt;
 
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Wird auch der Kunst der schönste Wunsch gewähret,
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Daß ihr ein fühlend Herz entgegen schlägt,
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Und in der Ferne sehen wir, aufs neue,
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Der edlen Schwestern eine lange Reihe!
 
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Doch jeder blickt behende nach den Seinen
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Und theilt mit Freunden freudiges Gefühl,
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Man eilet sich harmonisch zu vereinen,
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Und wir sind hier an der Erscheinung Ziel;
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Du zählst, mit Heiterkeit, uns zu den Deinen,
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Verzeihest, mild, das bunte Maskenspiel.
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O! sey beglückt! So wie du uns entzückest
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Im Kreise den du schaffest und beglückest.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Stanzen“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
219
Entstehungsjahr
1799
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Johann Wolfgang von Goethe ist der Autor des Gedichts „Stanzen“. Goethe ist einer der bedeutendsten Dichter der deutschen Literatur und lebte von 1749 bis 1832, weshalb das Gedicht in die Epoche der Weimarer Klassik eingereiht werden kann.

Auf den ersten Eindruck lässt das Gedicht eine Atmosphäre der Freude, des Friedens und der Harmonie vermuten. Beziehung zu anderen Menschen, Freundschaft und Gemeinschaft erscheinen als zentrale Themen.

Das lyrische Ich im Gedicht beschreibt eine Szene der Hoffnung und des Wiederauflebens nach einer schwierigen Zeit, vielleicht nach einem Krieg, da von niederlegten Waffen und geraubten Helmen die Rede ist. Es handelt von einem lang ersehnten Frieden, der erneut Einzug hält und alles mit Fröhlichkeit und Feierlichkeit umgibt. Das lyrische Ich und andere feiern diesen Tag und ehren eine kaum genannte Persönlichkeit durch Lieder, Scherze und lautstark ausgedrückte Freude. Es ist von der Wiederbelebung und Wiederkehr von Einigkeit, Hoffnung und Fülle die Rede. Dabei spielt auch die Göttin Ceres, die Göttin des Ackerbaus, eine Rolle, die für die Erneuerung der Natur steht.

Das lyrische Ich drückt eine allgemeine Sehnsucht aus, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen, in Sicherheit und Ruhe. Es weist auf die Wichtigkeit von Gemeinschaft und Harmonie hin und betont die Freude, die das Zusammensein mit anderen Menschen bringt. Das Gedicht endet mit einer Aufforderung und einem Wunsch zur Seligkeit für die Person, die diese friedvolle Zusammenkunft ermöglicht hat.

Die „Stanzen“ sind in rhythmischer Form geschrieben, was seiner Atmosphäre von Feierlichkeit und Freude entspricht. Es weist eine klare Struktur mit fünf Strophen auf, die jeweils aus vier bis acht Versen bestehen. Sprachlich verwendet Goethe eher einfache, aber bildhafte Ausdrücke, die das lyrische Ich und seine Gefühle deutlich hervorheben. Sein Sprachgebrauch ist klar und prägnant, aber gleichzeitig sehr anschaulich und emotional, um die Botschaft der Erneuerung und des Friedens zu betonen. Die Stimmung des Gedichts ist durchweg positiv und hoffnungsvoll, was sich in der Wortwahl und im Rhythmus widerspiegelt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Stanzen“ ist Johann Wolfgang von Goethe. Im Jahr 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Im Jahr 1799 ist das Gedicht entstanden. In Tübingen ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Auflehnen oder Rebellieren gegen die Aufklärung zusammenfassen. Das philosophische und literarische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Schriftsteller des Sturm und Drang waren zumeist junge Autoren, häufig unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Schiller, Goethe und natürlich die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei bedeutenden Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt im Jahr 1786 mit Goethes Italienreise und endet im Jahr 1832 mit Goethes Tod. Es gibt aber auch zeitliche Eingrenzungen, die das gemeinsame Schaffen der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik zeitlich festlegen. Sowohl Klassik als auch Weimarer Klassik sind gebräuchliche Bezeichnungen für die Literaturepoche. Der Begriff Humanität ist von zentraler Bedeutung für die Zeit der Weimarer Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Menschlichkeit, Toleranz und die Schönheit. In der Lyrik haben die Autoren auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Darüber hinaus verwendeten die Autoren jener Zeit eine pathetische, gehobene Sprache. Die Hauptvertreter der Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.

Das Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 219 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An Belinden“, „An Lida“ und „An den Mond“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Stanzen“ weitere 1618 Gedichte vor.

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