Stallknecht und Viehmagd von Frank Wedekind
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Die Bärin wohnt im tiefen Walde, |
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Im tiefen Wald wohnt auch der Bär, |
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Und an demselben Aufenthalte, |
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Da wohnen Bären bald noch mehr. |
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Und im Olymp, da wohnen Götter, |
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Darunter Venus und Apoll; |
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Dort hat man ewig schönes Wetter |
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Und jeder Gott ist liebevoll. |
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Auf ödem Felde schafft die Viehmagd, |
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Tut ob der Arbeit manchen Schrei, |
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Jedoch Cupido, der sich nie plagt, |
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Sitzt schelmisch lächelnd nebenbei. |
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Nun kommt der Stallknecht mit den Kühen |
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Auch Ochsen ziehen an dem Pflug, |
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Doch muß er selbst das meiste ziehen, |
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Dann geht es eben schnell genug. |
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Da duckt sich Amor listig nieder, |
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Er legt den Bogen an mit Lust |
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Und schießt die Viehmagd durch das Mieder |
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In ihre ahnungslose Brust. |
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Der Stallknecht kommt herbeigesprungen, |
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Auf daß er rasch ihr Hilfe bringt; |
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Doch Amor trifft den guten Jungen, |
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Daß er mit ihr zu Boden sinkt. |
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Da liegen Stallknecht nun und Viehmagd |
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Und schauen sich verwundert an, |
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Und sie vollbringen, was man nie sagt |
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Doch was man leicht erraten kann. |
Details zum Gedicht „Stallknecht und Viehmagd“
Frank Wedekind
7
28
164
1905
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Stallknecht und Viehmagd“ stammt von dem Autor Frank Wedekind, einem bedeutenden Vertreter des Expressionismus, der im späten 19. bis frühen 20. Jahrhundert wirkte.
Das Gedicht lässt beim ersten Lesen Assoziationen mit traditionellen Fabeln und Märchen aufkommen, es hat jedoch auch den ironischen und scharfkantigen Ton, der typisch für Wedekinds Werke ist.
Inhaltlich erzählt das Gedicht die Begegnung zwischen einem Stallknecht und einer Viehmagd, denen der listige Amor, der römische Gott der Liebe, einen Pfeil ins Herz schießt. Dadurch deuten die letzten Zeilen an, dass zwischen den beiden eine Liebesbeziehung entsteht.
Das lyrische Ich könnte damit auf die universelle und unvorhersehbare Natur der Liebe hinweisen, die selbst die unscheinbarsten Kreaturen – in diesem Fall, einen Stallknecht und eine Viehmagd, trifft. Es könnte auch eine Kritik an der starren Klassengesellschaft und ihren Konventionen darstellen.
Formal besteht das Gedicht aus sieben Vierzeilen-Strophen. Es hält sich nicht strikt an ein festes Metrum, und es gibt keinen konsequenten Endreim, was typisch für die experimentelle Form des Expressionismus ist. Wedekind verwendet eine einfache, leicht verständliche Sprache, aber er spielt mit kontrastreichen Bildern und ironischen Wendungen, um seine Botschaft zu übermitteln.
Insgesamt ist „Stallknecht und Viehmagd“ ein Beispiel für Wedekinds Fähigkeit, komplexen sozialen Themen mit Humor und Leichtigkeit zu nähern, und seine Bereitschaft, mit traditionellen lyrischen Formen zu brechen, um seine einzigartige Sicht auf die Welt auszudrücken.
Weitere Informationen
Frank Wedekind ist der Autor des Gedichtes „Stallknecht und Viehmagd“. Der Autor Frank Wedekind wurde 1864 in Hannover geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1905. München ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei Wedekind handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 28 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 164 Worte. Frank Wedekind ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied“, „Albumblatt“ und „Allbesiegerin Liebe“. Zum Autor des Gedichtes „Stallknecht und Viehmagd“ haben wir auf abi-pur.de weitere 114 Gedichte veröffentlicht.
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