Spätherbst in Venedig von Rainer Maria Rilke
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Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder, |
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der alle aufgetauchten Tage fängt. |
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Die gläsernen Paläste klingen spröder |
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an deinen Blick. Und aus den Gärten hängt |
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der Sommer wie ein Haufen Marionetten |
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kopfüber, müde, umgebracht. |
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Aber vom Grund aus alten Waldskeletten |
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steigt Willen auf: als sollte über Nacht |
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der General, des Meeres die Galeeren |
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verdoppeln in dem wachen Arsenal, |
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um schon die nächste Morgenluft zu teeren |
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mit einer Flotte, welche ruderschlagend |
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sich drängt und jäh, mit allen Flaggen tagend, |
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den großen Wind hat, strahlend und fatal. |
Details zum Gedicht „Spätherbst in Venedig“
Rainer Maria Rilke
4
14
88
1918
Moderne
Gedicht-Analyse
Das besprochene Gedicht „Spätherbst in Venedig“ wurde von dem renommierten deutschsprachigen Dichter Rainer Maria Rilke verfasst. Örtlich und zeitlich lässt es sich in Rilkes späte Schaffensperiode einordnen, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stattfand.
Beim ersten Eindruck fallen die starken Metaphern und die eindrückliche Stimmung auf, die das Gedicht erzeugt. Es handelt sich um eine melancholische, aber auch lebendige Darstellung der Stadt Venedig im Spätherbst. Es beginnt mit dem Bild einer Stadt, die nicht mehr wie ein Köder Tage fängt, wodurch auf einen Zustand der Trägheit oder des Stillstands hingedeutet wird. Die Stadt, einst lebendig und anziehend, wirkt nun spröde und leer.
Der Inhalt des Gedichts konzentriert sich auf die Veränderungen, die das lyrische Ich in Venedig im Spätherbst wahrnimmt. Das einst prunkvolle und lebendige Venedig scheint müde und erschlagen, wie die implizite Metapher des „abgetragenen Sommers“ deutlich macht. Aber es geht auch um einen Neuanfang, einen „Willen“, der aus den „alten Waldskeletten“ aufsteigt und die baldige Rückkehr des Lebens antizipiert. Das Gedicht endet mit der Vision einer sich erholenden Stadt, symbolisiert durch eine Flotte, die sich „ruderschlagend“ drängt und „mit allen Flaggen tagend“ den starken Wind trägt, die Vitalität und Energie von Venedig neu bezeugt.
In Bezug auf die Form besteht das Gedicht aus vier Strophen, wobei die ersten beiden Strophen vier Verse und die letzten beiden drei Verse haben. Der Rhythmus ist fließend und melodisch, und die Sprache ist poetisch und voller Metaphern und Symbolen. Die Bildsprache ist sehr ausdrucksstark und betont die Emotionen und Wahrnehmungen des lyrischen Ichs. Die Symbolik des Windes und des Wassers, die das Bild einer sich verändernden, lebendigen Stadt evozieren, unterstreicht Rilkes Fähigkeit, die Stimmung und Atmosphäre auf einzigartige Weise einzufangen. Die Metapher der Stadt als „Köder“ und die „gläsernen Paläste“ sind weitere Beispiele für Rilkes bildhafte Sprache.
Insgesamt verbindet Rilke in „Spätherbst in Venedig“ eine detaillierte Beobachtung der Realität mit intensiven emotionalen Reaktionen. Die Welt wird nicht nur als sie selbst gesehen, sondern als Spiegel der inneren Verfassung des lyrischen Ichs.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Spätherbst in Venedig“ ist Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. 1918 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Moderne zuordnen. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 88 Worte. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Abend“, „Abend“ und „Abend“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Spätherbst in Venedig“ weitere 338 Gedichte vor.
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