Spiritus familiaris von Frank Wedekind

Eine schwarze Katze kauert vor meiner Tür,
Eine kleine, schwarze, kurzgeschorene Katze;
Ich komme nach Hause, und mit einem Satze,
Wie ich aufschließe, springt sie herein zu mir.
 
Was will die kleine, schwarze Katze bei mir?
Wär es ein Hündchen, ich wüßte es zu verstehen;
Ein Frauenhündchen, ich weiß damit umzugehen.
Die Katze ist mir ein völlig fremdes Tier.
 
Sie ist die Seele von meinem Spiritus
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Familiaris. Er hat sich umgebrungen.
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Die schwarze Katze kommt zu mir hereingesprungen,
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Weil sie doch irgendwo übernachten muß.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Spiritus familiaris“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
84
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht stammt von Frank Wedekind, einem bekannten deutschen Dramatiker, Schriftsteller und Schauspieler. Er wurde am 24. Juli 1864 geboren und starb am 9. März 1918, daher lässt sich das Gedicht zeitlich in das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert einordnen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht nachdenklich, etwas unheimlich und gleichzeitig humorvoll. Es handelt von einer kleinen schwarzen Katze, die vor der Tür des lyrischen Ichs auftaucht und nachdem der Einlass gewährt wurde, bei ihm einzieht. Der Protagonist zeigt seine Verwirrung über die Präsenz der Katze, stellt fest, dass er mit Hunden eher umgehen könne und bezeichnet die Katze als ein ihm vollkommen fremdes Wesen. In der letzten Strophe wird dann eine spirituelle Ebene eingeführt: Die Katze wird als Seelenvertreter eines verstorbenen „Spiritus Familiaris“, einer Art Schutzgeist oder vertrauten Geist, gedeutet.

Wedekinds Gedicht „Spiritus familiaris“ ist in klaren, einfachen Worten verfasst, die Struktur folgt dem traditionellen Vierzeiler mit Kreuzreim. Die Sprache ist direkte Umgangssprache, die Stil ist jedoch mit Metaphern und implizierten Bedeutungen durchsetzt. Es geht um die Begegnung mit dem Unbekannten und das Konfrontieren mit einer Situation, die man nicht versteht - verkörpert durch die schwarze Katze. Gleichzeitig scheint Wedekind die Isolation und Fremdheit des modernen menschlichen Lebens zu kommentieren.

Im letzten Teil des Gedichts bietet er eine Erklärung für die Anwesenheit der Katze an: Sie ist die manifestierte Seele des „Spiritus Familiaris“. Dies könnte interpretiert werden als der Drang oder die Sehnsucht des lyrischen Ichs, Verbindung herzustellen und Vertrautheit zu finden - auch wenn es dies mit einem Tier tun muss, das ihm eigentlich fremd ist. Die letzten Verszeilen erzeugen Mitgefühl, denn das Tier benötigt einen Ort zum Schlafen - was ein grundsätzliches menschliches Bedürfnis nach Geborgenheit anspricht.

Zusammenfassend handelt Wedekinds Gedicht „Spiritus familiaris“ von der Begegnung mit dem Unbekannten, vereinsamten Leben und der Sehnsucht nach Verbindung und Vertrautheit. Durch die Verwendung von einfacher, direkter Sprache, Metaphern und einer klaren Struktur offenbart das Gedicht tiefergehende Interpretationsebenen und regt zur Reflexion an.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Spiritus familiaris“ ist Frank Wedekind. Geboren wurde Wedekind im Jahr 1864 in Hannover. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1905. In München ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei dem Schriftsteller Wedekind handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 84 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Weitere Werke des Dichters Frank Wedekind sind „Abschied“, „Abschied“ und „Albumblatt“. Zum Autor des Gedichtes „Spiritus familiaris“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 114 Gedichte vor.

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